Aus der Traum

Ja nun, jetzt ist’s also vorbei. Ab jetzt darf man getrost für die Holländer fänen. Wie’s dazu gekommen ist, möchte ich meiner hochwohlgelöblichen Leserschaft nicht vorenthalten.

Wir begaben uns zeitig in die Bundesplatzfanzone, auf dass wir für den Schweizermatch uns einen Platz ergattern könnten. Wir waren derart zeitig, dass wir noch den vollen Portugal-Tschechien-Match miterleben konnten, ohne allzusehr ins schwitzen zu kommen. Ein ganz klein wenig aufregen musste ich mich aber trotzdem: Da steht eine SWL-Launsch, zu Neudeutsch gelegentlich auch VIP-Lounge genannt, vor der BEKB, und darauf steht der Tschäppu, seines Zeichens Sohn vom Raymond, dem ehemaligen Berner Stadtpräsidenten. Der steht also da, währenddem sich die Portugiesen und die Tschechen aufs Dach geben, und er schaut nicht mal auf die Leinwand! Lange Zeit diskutierte er bloss mit seinen Stehnachbarn, ohne dem Spielgeschehen grosse Aufmerksamkeit zu schenken. Und ich muss es wissen, denn ich opferte ihm meine ganze Aufmerksamkeit, und hätte in der Tat ein Tor verpasst, wenn es denn zwischen der 35. und der 38. Minute ein solches gegeben hätte.

Ja, und dann war dieser Aufwärmmatch vorüber, und man vorbereitete sich auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben, als da wären: der Match Schweiz gegen die Türkei (und sonst nichts). Gleich zu Beginn musste ich mit allergrösstem Missfallen zur Kenntnis nehmen, dass Schweizer Fans von sportlicher Fairness wohl nicht allzuviel halten, denn wer bei der Nationalhymne der Gegnermannschaft reinpfeift und -buht, der hat meiner Meinung nach den Sportsgeist weder mit Löffeln noch in homöopathischen Dosen gefressen. Und ein wahres Pfeifkonzert war sie, diese Türkische Nationalhymne. Ich habe mich hervorragend aufgeregt.

Zum Ausgleich habe ich bei der Schweizer Hymne abwechslungsweise Deutsch, Rätoromanisch und Französisch gesungen. Glücklicherweise stand direkt vor mir ein Schweizer Fan mit einem T-Shirt, das den gesamten Text in allen 4 Landessprachen am Rücken aufgedruckt hatte (mein Italienischakzent ist so schrecklich, dass ich diese Sprache ausgelassen habe).

Und dann spielten sie, und schossen ein Tor, man jubelte, es regnete und hörte wieder auf, die Türken glichen aus, es hörte auf zu regnen, die Nachspielzeit brach an, die Türken gingen in Führung, und schliesslich und endlich war der Traum ausgeträumt. Pech gewesen.

Glück hingegen ist, wenn man danach noch durch die Stadt streift auf der Suche nach diesen Bierbechern, etliche davon findet, und für jeweils 2 Franken an einem Getränkestand zurückgeben kann. Ich bin sicher, ich habe mir meine Biere von heute Abend beinahe finanziert durch meine Such-Und-Zurückbring-Aktion.

Und morgen gleich noch einmal! oder? Mal schauen.

4 thoughts on “Aus der Traum”

  1. A propos Italienischakzent: und den Rätoromanischakzent, den hast Du drauf, meinst Du? Gemäss Eintrag hast Du ja auf Rumauntsch gesungen. Pass auf Fritteli, diese Version will ich mal live hören.

    gruss von einem, der es mittlerweile kann (das Rumauntsch) 😉

  2. Siehe, lefey: Der Tambour Berther, der mit mir die RS überlebt hat, wollte unbedingt allen Rekruten die Hymne auf Rätoromanisch beibringen. Bei mir hat er’s geschafft (auch wenn’s, glaub ich, Rumantsch Grischun ist, dieses Mischdialekt-Kunstkonstrukt. Er hat das aus irgendeinem Gesangsbuch kopiert. Aber äbe gäu, was wotsch, weischwienimeine?).

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