Das Kreuz mit der fremden Sprache

Wie frustrierend das mit den Fremdsprachen doch sein kann! Da stehe ich also in Locarno beim Lido am Glacestand und will mir ein Eiscrème kaufen. Ein Cornet mit zwei Geschmäckern, Tiramisù und Haselnuss, im Idiom der indigenen Bevölkerung Nocciola genannt.

Wenn ich gedenke, in einem Laden in einer mir fremden Sprache einen Einkauf zu tätigen, dann überlege ich mir stets im Voraus meine Wortwahl sehr genau: Ich drehe und wende den Satz im Gehirn hin und her, durchforste meinen Wortschatz nach der passenden Formulierung und komme so schlussendlich zum Satz, der mein Begehr optimal beschreibt.

Im konkreten Fall hörte sich das so an, als ich an die Reihe kam:

Buongiorno, mia cara signora, ho volia di mangiare un gelato. Per questo sono venuto da Lei per comprare il miglior gelato del mondo. Infatti, prendo un cono con due palline; una tiramisù e una nocciola, per favore.

Offensichtlich wohnt mir sogar im Italienischen die Eloquenz inne, ganz zu schweigen von meinem originalgetreuen Akzent, der mich als waschechten Italiener qualifiziert. Umso enttäuschter war ich dann, als mich die Signora nach der ersten Kugel fragte (und ich zitiere wörtlich):

Was händ si als zwäiti Chugle welle?

Ma che casino! Wieso spricht die jetzt plötzlich lupenreines Züritüütsch mit mir? Habe ich sie etwa nicht eloquent genug angesprochen? Hätte ich stottern sollen: «Eh, tschau, io tschelati? Tiramissu, notschiohla, grahzie.» Wäre das besser gewesen? Ich ziehe jedenfalls meine Lehren daraus: Eisverkäuferinnen am Lido in Locarno verdienen meine Eloquenz nicht.

Und zum Schluss noch dies: Wer zu Beginn monieren wollte, ein indigenes Volk sei per definitionem marginalisiert, der mag jetzt wohl anerkennen, dass offensichtlich die italienisch-sprachige Bevölkerung von den Deutschschweizern arg in Bedrängis gebracht ist.

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