CeDes für immer!

Etwas vom Schönsten und gleichzeitig Mühsamsten ist es ja wohl, eine pressfrische CD ihrer Cellophanumhüllung zu entledigen. Es handelt sich bei diesem Vorgang quasi um einen oxymorontischen Akt, wenn man das so ausdrücken will. Mit der Vorfreude auf den bevorstehenden Musikgenuss, der einen nach erfolgter Pellung erwartet, geht dieses allseits wohlbekannte mühevolle und äusserst strapazöse Geknübel einher, bei dem man sich drei Fingernägel abbricht und mindestens anderthalb Handgelenke verstaucht.

Aber dann! Nach vollbrachter Tat, ist die Freude dann nicht umso grösser, wenn sich die Scheibe zum erstem Mal im Abspielgerät dreht? Wenn man das beiliegende Büchlein zum ersten Mal in den Händen hält, den druckfrischen Geruch durch die Nüstern zu den Nasenschleimhäuten strömen lässt und sich an der gekonnten Gestaltung der gesamten CD-Hülle erfreuen kann? Doch, das ist sie! Es ist ein ganz anderes, ein ungleich erhabeneres Gefühl, als wenn man bei iTunes oder Spotify oder wie diese Dienste auch immer heissen, ein Knöpfchen geklickt hat und profane Bytes durch die Internetleitung hat strömen lassen.

«Auf CDs sind auch nur Einsen und Nullen», höre ich dich sagen. «Sei still», antworte ich.

Ich habe mir jedenfalls eine nicht unerhebliche Menge kompakter Scheiben gegönnt, um endlich meine Züri-West-Diskografie vervollständigen zu können. Neu mein Eigen nenne ich fürderhin Bümpliz-Casablanca, Elvis, Arturo Bandini, Winter Tour, Züri West, Hoover Jam, Super 8, Radio zum Glück, Aloha From Züri West und Haubi Songs (hatte ich die nicht schon mal irgendwo?), damit sich HomeRekords, Göteborg und Love nicht mehr so einsam fühlen im CD-Regal.

Ob ich mir Retour besorge, überlege ich mir noch.

Und wenn mir jemand sagen kann, wo ich Splendid, Kirchberg und Sport und Musik herkriege, dann bin ich für jeden Hinweis dankbar.

Johnny, cheeeese!

Es sei ein Weltklasseangebot, da müsse man zugreifen, es gebe keinen Zweifel. Und wenn ein kompetenter Walliser, noch dazu einer aus dem schönen Naters, derartiges sagt, widerspreche ich selbstverständlich nicht, sondern tue, wie mir geheissen.

Oder versuche es zumindest.

Und so stand ich am Montag um 8 Uhr 55 vor der Marktgassmigroselektronik und wartete ungeduldig auf Einlass. Als die Türe um Punkt 9 Uhr schlüsselhaft geöffnet wurde, wuselte ich in den Laden und packte mir den ersten verfügbaren Verkäufer: «Grüessech, heit dir no da die Superaktion mit dere Nikon D90 und em Objektiv für ungloublechi vierhundertnünenünzg Franke???« wollte ich wissen. Ich ward enttäuscht: «Ääh, sorry, nei, aber i gloube, di si aui usverchouft. Si wägg wi warmi Weggli, hundertdriissg Stück hei mr dervo verchouft.» Aber darauf war ich vorbereitet: «Ja, u de im Wankdorf, oder im Westside?» wollte ich wissen. «Ja nei, dert hei si äuä o nümme», lautete der vernichtende Bescheid. Darauf zu insistieren, er solle sich doch bitte telefonisch absichern, getraute ich mich nicht und gab mich demzufolge mit einem «Ah ja, de, schad u Scheisse» geschlagen.

Projekt «Gehorche-dem-Walliser» gescheitert. Mist.

Aber ich hatte ja noch ein zweites Projekt, und das nannte sich Johnny. Also begab ich mich zum CD-Regal und suchte diese neueste Scheibe von Patent Ochsner.
Und suchte und suchte. Und suchte.

In den Charts schien die Platte nicht zu sein, da fand sich nur Balla-Balla-Bumbum-Mist. Unter Schweizer Musik konkurrenzierten sich die dritten Öschs mit Francine Jordi, und auch Rock&Pop bot nicht das Gesuchte. War Patents Plattes Präsenz partout prekär? Ich konnte das nicht glauben und startete einen neuerlichen, diesmal strukturierten Suchangriff.

Und – Hossa! – da fand ich sie: Im wundervoll gestalteten Büne-Huber-Cover prangte sie mehr oder weniger direkt vor meiner imposanten Nase und wartete nur darauf, vom mir um- und erworben zu werden. Also warb ich und griff glücklich zu und dirigierte dann meine Schritte in Richtung Kasse.

Etwa zwei Meter vor Erreichen derselben gewahrte ich einen springenden Farbfleck auf meiner Netzhaut, der sich bei näherem Hinschauen als «mein» Verkäufer entpuppte, mir in einem Höllentempo entgegeneilend. «Hey, wart schnäu! Im Fau, i ha grad vernoh, mir hei no eini! Momänt, i hole dr se!»

Und wie ich darauf wartete! Wie angewurzelt wartete ich, rührte mich nicht vom Fleck und traute mich kaum, zu atmen.

Und meine Angewurzeltheit sollte sich lohnen: Mit einem uhueren Pack kam er daher, welches ich nie und nimmer in meinem Velosaccoche zu verstauen im Stande sein würde, aber das hielt mich nicht davon ab, das dicke Portemonnaie zu zücken und einen Batzen Geld gegen eine unglaublich unglaubliche Kamera einzutauschen.

Was schliesslich und endlich dazu geführt hat, dass ich nun zwar arm wie eine Kirchenmaus, dafür aber ausgerüstet wie ein Profifotograf bin. Dies zeigt sich zum Beispiel eindrücklich am neuen Bild, das auf der Kontaktseite zu sehen ist.

Nicht unterlassen möchte ich es auch, Patent Ochsner meinen allerallerherzlichsten und tiefempfundenen Dank dafür auszusprechen, dass ihr neuestes Album zeitgleich mit einer bongforzinösen Migros-Aktion erhältlich ist.

Hierzu gibt es anzufügen, dass diese Scheibe – gelinde gesagt – der Hammer ist. Gummiboum, Nachtgänger, Kreissaal, um nur ganz wenige der Stücke aufzuzählen, die mir durch Mark und ins Gebein fahren … Super! Danke, Patent Ochsner! Danke! Wir sehen uns auf dem Gurten!

Züri West übrigens auch. Das wird super.

Von Caches Und Von Berühmten Menschen

Am 1. März war es, als diese Ereignisse sich zutrugen. Ich befand mich auf der Suche und streifte deshalb durch die Stadt. Seit neuestem zähle ich mich ja zu der erlauchten Gilde der Schnitzeljäger, im Englischen auch Geocacher genannt, und hatte mir in den Kopf gesetzt, «Sightseeing» zu heben. Da ich vom Hirschengraben her kam, querte ich auf dem Weg zum 12er-Bus beim Bahnhof den Eingang zur Markthalle, und da wäre es beinahe passiert, dass ich – pardauz! – mit Claude Longchamp zusammengestossen wäre. Ich erkannte ihn umgehend an der charakteristischen Fliege und wich elegant aus. Ein Zusammenstoss mit einem derartigen Politikanalytikerschwergewicht hätte mich wohl gehörig aus der Bahn geworfen, und dies wollte ich vermeiden.

Schliesslich und endlich erreichte ich glücklich den 12er und stieg zu. Es hatte gehörig viel Volk unterwegs, und so blieb ich im hinteren Teil stehen.

Beim Zytglogge traf mich erneut fast der Schlag. Ralph Sloz- … Zsloctz… Slotzow… Oh Mann! Und schon musste ich Google zu Rate ziehen, um endlich herauszufinden, wie man Zloczower (Yeah!) richtig buchstabiert. Jedefalls steig der Ralle ein und setzte sich in die hinterste Reihe. Fuhr der also in Richtung Schosshalde! Ich wusste ja gar nicht, dass er dort seinen Wohnsitz hat. Oder war er wohl lediglich auf dem Weg zum Haus des Sports? Das Papiertäschchen vom Ochsner Sport hatte er jedenfalls schon dabei. Obwohl … das Haus des Sports befindet sich, glaube ich, gar nicht mehr bei der Schosshalde.

Wie dem auch sei – ich sollte nie herausfinden, wohin Herr Zloczower sich chauffieren liess, denn am Bärengraben entstieg ich dem öffentlichen Verkehrsmittel, er blieb sitzen, und ich fand alsbald tatsächlich den gesuchten Cache.

Und auch der «Bogenschnitt» sollte an selbigem Abend noch enttarnt werden.

PS: Wer die Anspielung im Titel bemerkt hat, soll sich doch dieses Youtube-Video zur Belohnung anschauen. Und: Nein, Kuno sah ich an dem Tag nicht auch noch.

Der Match. Das Konzert.

«Eifach nid vou dribisse, sondern gaaaanz süferli dranne knäbberle!» hatte mir der Bolzli eingebläut, mir Anweisungen für den Konsum einer Orischinal-YB-Wurst gebend. Dank seiner Warnung bin ich tatsächlich sehr vorsichtig zu Werke gegangen, als es darum ging, mich fleckenfrei durch die Wurst zu schnabulieren. Aber es nützte alles nichts: Gerade hatten meine Zähne den heissen Rinderdarm schüchtern gekitzelt, da – *fffttttt* – spritzte eine fettige Suppe auf meine Jacke und mein rechtes Hosenbein. Ab dem Zeitpunkt glänzte ich rundum wie eine frischgewachste Bowlingbahn, und auch die Finger klebten mittlerweile so, als ob ich sie in wilden Honig getunkt hätte. Das tat zwar meiner äusseren Erscheinung einen kleinen Abbruch, aber am Schuttmätsch muss man ja auch nicht tiptop aussehen. Schliesslich geht man ins Stadion, weil sich auf dem Spielfeld 22 Mannen um einen Ball prügeln, und das ist dann spannend.

Sagt man zumindest. Aber die Kritik populärer Sportarten ist meine Sache nicht. Schwenken wir deshalb zum angenehmen Teil des Abends, und das war die Musik.

Die spielte 10 Minuten nach Abpfiff, und alle, alle wollten sie auf den Rasen, möglichst nahe vor die Bühne, und weil es nur einen Aufgang aufs Spielfeld gab, drückten sich alle, alle dorthin, und so standen denn auch wir noch im Gedränge, als bereits Blues durchs Stadion hallte. «I ha ne  Wohnig wo mr gfaut, u i ha mr e Meersou kouft» konnte man zwar auch im Gedränge der Gänge mitsingen, aber das ist halt noch nicht das volle Erlebnis. So drückten und quetschten und drängten und müpften und ellbögelten denn auch wir, was das Zeug hielt, und bevor wir’s uns versahen, standen wir auf dem Kunstrasen und befanden uns zmitz drinn statt nur dabei.

Ja, der Kunstrasen. Ich habe herausgefunden, woraus der besteht. Wenn immer ein Gnägi seine Dienstpflicht erfüllt hat und ausgemustert wird, wandert es in einen grossen Trichter mit einer Häckselmaschine unten dran, und kommt auf der anderen Seite als Kunstrasen heraus. Anders ist es kaum zu erklären, dass das «Gras» im Wankdorf so ziemlich genau den olivgrünen Farbton eines Trikothemdes-72 hat. Immerhin ist aber dieser Kunstrasen robust genug, eine grosse, grosse Menschenmenge zu ertragen, und in ebendieser Menschenmenge habe also auch ich mich befunden, und ich kann nun sagen, dass sich der Eintritt und die fettigen Kleider und die schmierigen Finger gelohnt haben. Büne Huber und seine Mannen– pardon: Kuno Lauener und seine Mannen haben schöne Musik gemacht – und laute noch dazu! – und haben eine Stunde lang Vollgas gegeben. Leider ohne Toucher und Chinasky, aber immerhin.

Und wenn’s jetzt böse Kommentare hagelt, weil ich einer dieser Modefans bin, die nicht (nur) wegen des Matches da waren, so kann ich damit leben.