Ziemlich enttäuscht bin ich, muss ich sagen. Da eröffneten die SBB am 14. August 2014 – also vor exakt 135 Tagen, wenn ich mich nicht verrechnet habe – mit viel Pomp ihren neuen Hauptsitz im Wankdorf und präsentierten dabei die überdimensional grosse Uhr, und nun sowas:
Oben rechts will die Anzeige nicht so, wie sie sollte
Meine erste Enttäuschung erlebte ich ja bereits an der Eröffnung selber, als ich merkte, dass es nicht eine echte, rechte, mechanische Uhr ist, sondern bloss ein billiges Digitaldisplay. Und nun, nach wie gesagt 135 Tagen, ist genau dieses Display bereits kaputt?! Da frage ich mich doch, worein denn die kolportierten 700’000 Franken investiert wurden. In billige Ware aus China? Ganz offensichtlich, ja! Schade!
Ist dir übrigens aufgefallen, dass ich im Zusammenhang mit unseren geliebten Schweizerischen Bundesbahnen den Plural verwendet habe? Ich bin der Meinung, es sollten mir alle gleichtun. Leider aber machen dies nicht einmal die SBB selber. Ich muss wohl mal eine Sitzung mit Herrn Meier buchen und mich mit ihm darüber unterhalten.
Wo soll ich beginnen? Ich bin ja noch ganz durcheinander und hibbelig und kribbelig, derart Monumentales ist mir widerfahren! Möglicherweise wäre es am schlauesten, am Anfang zu beginnen, hingegen kann das nicht gerade als originell und einfallsreich gelten. Hinten zu beginnen wäre hingegen komplett sinnlos, denn wer mag schon einen ganzen Text rückwärts lesen. Auch mittendrin scheint sich als Option nicht wirklich anzubieten, denn das ist weder Hans noch Heiri.
Den Heiri habe ich jetzt mal gegoogelt, um herauszufinden, wofür der eigentlich steht. Hermann? Heinz? Herodes? Das erste Resultat, das mir Google entgegenspuckt, verweist auf die Webseite von Heiri Kaenzig. Scheint ein Jazzmusiker zu sein, allem Anschein nach Kontrabassist. Kein anderer Instrumentalist würde sich freiwillig mit einem Kontrabass im Internet veröffentlichen. Thihi, Entschuldigung. Das musste einfach sein.
Das zweite Resultat zielt zu Heiri Häfliger. Der hat es wohl mehr mit der Kunst im allgemeinen als mit der Musik. Der Website nach macht der irgendwelche Installationen, Skulpturen und andere Sachen, mit denen ich nichts anfangen kann. Tut mit leid, aber der Kaenzig ist mir lieber.
Der dritte Googletreffer öffnet mir in Sachen Heiri die Augen: Aus heinrichmueller.ch gelingt es mir endlich, abzuleiten, dass Heiri ein zu kurz geratener Heinrich ist. Womit wir das dann geklärt hätten, und mir gleichzeitig wieder einmal in den Sinn kommt, dass der ehemalige Tagesschausprecher ja nun unter den County-Musikern weilt.
So viel Musik! Und gleich schon am Anfang des Beitrages! Das zwingt mich fast schon zu einer Überleitung zum eigentlichen Thema, und ich gebe zu, es kommt mir ganz kommod. Denn mit der Musik kann ich hervorragend weiterleiten.
Nämlich mit der Blasmusik. Und jetzt geht’s ruck-zuck, pass auf, dass du den Zug nicht verpasst:
Und zwar besitzt die Firma, für welche ich arbeite, ein eigenes Blasorchester, bei welchem mitzuspielen ich nun für (mindestens) ein Konzert die Ehre habe. Und da in einem Blasorchester traditionellerweise eine Uniform dazugehört, habe ich anlässlich meiner ersten Probe letzten Mittwoch eine solche gefasst. Und weil der Anblick einfach zu schön ist, um im stillen Kämmerchen eingepfercht zu bleiben, lasse ich ihn hinaus in die Wildnis. Hier ist er:
Adrett, nicht? Die Ente findet’s auch!
Und somit hätte sich auch der Titel erklärt: Unbändig gelüsten würde es mich, derart behemdet und bekravattet einen Zug zu besteigen und mit lauter Stimme «Grüezimitenand! Nöchschte Halt Züri Altstätte, alli Billet vorwiise bitte!» zu schreien, um dann mit wichtiger Miene verkünden zu können: «Ja aber näi, säget sie mal, was erläubet sie sich äigentlich?! Das Billet isch nöd gültig! Da muen ich ihne e Buess geh! Ds macht dänn zwäihundert Franke, bitteschön!» Daswäre erstens ein mördermässiger Mordsspass und würde zweitens mein Sackgeld ein bisschen aufbessern. Ich glaub, ich tu’s!
Eigentlich bin ich ja ein gemütlicher Mensch, dem langsamen Lebenswandel zugetan und kein Freund hektischen Hetzens. Alles, was schneller fährt als ein Velo, lehne ich mehr oder weniger ab, es sei denn, es fahre auf Schienen und nenne sich Zug. Wer mich kennt, weiss das.
Aber gestern, mich muss wohl der Teufel geritten haben, fand ich mich plötzlich in einer mir gänzlich ungewohnten Situation wieder, und ich muss zugeben, es hat sogar Spass gemacht. Aber der Reihe nach.
Wie es ab und zu vorkommt, fand gestern so ein geschäftlicher Abteilungsanlass mit Spiel, Spass und Spannung statt. Weil die Lokalität irgendwo im fernen Guggerland liegt (nämlich war es der Römerhof bei Aarberg), sahen sich die Teilnehmer gezwungen, irgendwie dorthin anzureisen. Anders als ich kam nicht jeder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern einige mit ihren Autos. Und weil Herr S. U. aus B., der gleich unter der Monbijoubrücke sein Domizil hat (dritte Tonne links, meistens prasselt ein lustiges Feuerchen darin), nun mal keinen VW Passat fährt und auch keinen Opel Kadett, sondern einen orangefarbenen Lotus Elise, befand sich also auch dieses Geschoss bei den Parkplätzen.
Denn Herr U., gar nicht kluge,
reiste leider nicht im Zuge.
Um es kurz zu machen: In dem in meinem Inneren tobenden Kampf zwischen grünem Gewissen und geschwindigkeitssüchtigem Lausbuben obsiegte der Lausbub, und ich schaffte es mit gekonnter Rhetorik, Herrn U. zu einer Spritzfahrt zu überreden, bei welcher ich natürlich nur als Beifahrer fungierte, obzwar ich es mir selbstverständlich zutraue, ein Auto zu lenken, nur leider ist mein Lernfahrausweis vor guten 10 Jahren abgelaufen.
Holladiewaldfee! Das ging ziemlich ab! Ich bekundete zwar grosse Mühe mit dem Besteigen des Gefährts, aber als ich mich endlich häuslch eingerichtet hatte, ging’s los, und ich glaube, ich quiekte wie ein junges Schulmädchen auf dem Riesenrad oder ein Ferkel auf der Schlachtbank, als der Motor röhrte und die Reifen quietschten und wir mit gefühlten 350 km/h durch Maisfelder und Auenwälder schlingerten.
Meine Frisur war nach der Fahrt jedenfalls gehörig zerzaust – die Elise war nämlich ohne Verdeck unterwegs gewesen – und meine Knie zitterten einen wilden Foxtrot, was wohl an der ungewohnt hohen Dosis Adrenalin gelegen haben mag.
Ich danke Herrn U. jedenfalls für den Höllenritt. Hat höllischen Spass gemacht. Und nun habe ich mein Soll an Benzinverbrauch auch für die nächsten 10 Jahre gedeckt und habe also eine wunderbare Ausrede, die Führerscheinprüfung auch fürderhin nicht zu machen.
Und weil’s so schön war, hier noch ein Bildchen, das ich im grossen, weiten Internetz gefunden habe:
Schon immer hatte ich die volle Hochachtung vor ihm, war er doch oberster Patron unserer Bundesbahnen, obschon ich festhalten möchte, dass mitnichten jeder, der diese Position innehat oder -hatte, meine volle Hochachtung geniesst, aber er war ja Bähnler durch und durch, mit Herzblut und sicher auch mit Bahnhofvorstandshut, und wie ich heute feststellen darf, hat er auch den Jazz im Blut, anders könnte ich mir seine Anwesenheit am SJO-Konzert nicht erklären. Und wen sehe ich noch? Den Alec von Graffenried. Verrückt! Und den Herrmann Weyeneth, diesen Grüsu! Also ist alles, was Rang und Namen hat, vertreten im Huerebibeli und das Konzert kann starten.
Als es dann am Nick Perrin seiner Guitarre eine Saite klepft, kommt der ansagende Till in einen Moment der Verlegenheit, weil er das Gefühl hat, es könnte langweilig werden, wenn er nichts zu sagen wisse. Da kennt er sich selber aber ganz schlecht: Wenn er ansagt strotzt das Bibeli vor Wortwitz und Schlagfertigkeit, und so sehe ich mich genötigt, den Höhepunkt des Abends trotz absolut überzeugender musikalischer Darbietung (ich wippte mit, wie schon lange nicht mehr!) auf die Grünewald’sche Ansage zu legen. Chapeau!
Gleich einem Wunder empfinde ich mein Dasein bei voller Gesundheit und absoluter Unversehrtheit: Ich war, zusammen mit 9 weiteren tapferen Recken und Reckinnen, gestern auf und neben den Pisten Adelbodens zugange, hatte mich diesenzwecks zum ersten Mal seit vielleicht vier Jahren auf mein nunmehr circa fünfzehnjäriges Snowboard gezwungen und bin trotzdem in einem Stück heimgekehrt. Und man stelle sich vor: Ich hatte sogar Vergnügen dabei, denn solches bereitete mir dieser Ausflug.
Und nun: Auf Wiederlesen, ich muss meinen Muskelkater einwirken lassen.