Adieu, Mondänität! Adieu, Zeit!

Ich trage heute Trauerflor.

Erinnerst du dich, dass ich seinerzeit einer der mondänsten Menschen weit und breit war? Ich hatte mir eine Uhr erstanden, welche ihresgleichen suchte, eine echte Stop2go von Mondaine, deren Sekundenzeiger allminütlich ein komplettes Cabaret aufführt.

Gegen Ende letzten Jahres, also sehr ziemlich genau 9 Jahre, nachdem ich sie um- und erworben hatte, war es nun so weit, dass die Uhr ihr Zeigerballett mit fortschreitender Langsamkeit und rückschreitender Präzision vollführte. Dies ermunterte mich schliesslich dazu – nachdem ich im Februar erst die Batterie ausgetauscht hatte -, sie einschicken und reparieren zu lassen.

Gestern nun erreichte mich ein Telefonat des Uhrengeschäfts, das ich durchaus als niederschmetternd bezeichnen darf.

Meine Uhr ist so alt, dass es keine Ersatzteile mehr gibt, sie zu reparieren.

Alt? Mit 9 Jahren? Und: Ersatzteile? Eine Quarzuhr, deren Innenleben wohl zu 99% aus Elektronikbauteilen besteht? Naja, ich bin der Uhrmacher nicht und folglich muss ich auch nicht verstehen, wie man eine solche Uhr repariert und welcher Teile es dazu bedarf. Das einzige, was ich verstehe, ist, dass ich nun uhrenlos bin.

Also habe ich Zeit, ein bisschen zu rechnen und zu recherchieren.

Dass ich die Uhr im November 2014 kaufte, legt das Veröffentlichungsdatum des Blogbeitrages von damals nahe. Jedoch, wieviel ich dafür bezahlte, weiss ich nicht mehr. Irgendetwas mittleres Dreistelliges. Aber ich hatte doch damals den Link auf den Online-Shop der SBB im Beitrag verewigt! Klick und – Enttäuschung: Natürlich funktioniert er nicht mehr. Was tun? Das Internet-Archiv fragen!

Mit ein bisschen Rumpröbeln und Gehirnschmalz bin ich dann auf eine Produktseite meiner Uhr im SBB-Merchandise-Shop vom 17. August 2016 gestossen, schau mal: https://web.archive.org/web/20160817053054/http://sbbshop.ch/pub/index.php?page=goods-detail&id=258&c=29&sc=&sbbsid=68btrus2pihtbu2d2gdna64f76

Da ist tatsächlich der Preis zu sehen: 650 Schweizerfranken. Offenbar habe ich mir damals so etwas noch leisten können. Man muss zugegebenermassen aber auch in Betracht ziehen, dass einer der vielen Vorteile, bei den Bundesbahnen angestellt zu sein, darin besteht, dass man in ebenjenem Merchandise-Shop einen Rabatt von 20% erhält. Ich bezahlte also nicht 650 Franken, sondern lediglich deren 520.

Rechnen wir das nun auf die neun Jahre auf, während derer die Uhr mein Handgelenk zierte und einigermassen funktionierte, so kommen wir auf 57.78 Franken pro Jahr, die mich die Zeit gekostet hat. Das ist nur knapp mehr als einen Franken zehn die Woche! So gesehen war die Uhr doch ein echtes Schnäppchen.

Womit wir zum nächsten Punkt kommen: Zur Zukunft. Irgendwie muss ich doch auch fürderhin wissen, welche Stunde schlägt! Und andauernd das Mobiltelefon zu zücken ist keine Option. Ich möchte also wieder eine Armbanduhr haben. Und ich liebäugle tatsächlich damit, mir wieder so eine Stop2go zu kaufen, denn ein gumpender Sekundenzeiger hat einfach etwas für sich, auch wenn der Preis unverändert hoch und die Qualität vermutlich unverändert mittelmässig sind. Es gäbe hier das 41mm-Durchmesser-Modell mit Metallarmband für bescheidene 699 Franken: https://commerce.sbb.ch/de/mondaine-sbb-armbanduhr-stop2go-41-mm-mst-4101b-sj-1.html. Günstiger wäre natürlich die kleinere, 34mm durchmessende Variante mit Armband aus veganem Traubenleder für 599 Franken: https://commerce.sbb.ch/de/mondaine-sbb-armbanduhr-stop2go-41-mm-mst-3401b-lbv-set.html. Aber die ist dann schon ein wenig klein. Einen grossen Vorteil gegenüber meiner alten Uhr haben beide: Die Zeiger sind beleuchtet, so dass die Zeit auch im Dunkeln abgelesen werden kann.

Naja. Noch ringe ich mit mir und gegen das Budget. Die Zukunft wird zeigen, wer gewinnt.

Was tätest du an meiner Stelle? Ich habe gehört, im LOEB würden sie bei den Flik-Flak-Kinderuhren die Batterien gratis austauschen. Das ist natürlich auch ein Argument …

Eine Uhr sieht rot

Ziemlich enttäuscht bin ich, muss ich sagen. Da eröffneten  die SBB am 14. August 2014 – also vor exakt 135 Tagen, wenn ich mich nicht verrechnet habe – mit viel Pomp ihren neuen Hauptsitz im Wankdorf und präsentierten dabei die überdimensional grosse Uhr, und nun sowas:

Oben rechts will die Anzeige nicht so, wie sie sollte
Oben rechts will die Anzeige nicht so, wie sie sollte

Meine erste Enttäuschung erlebte ich ja bereits an der Eröffnung selber, als ich merkte, dass es nicht eine echte, rechte, mechanische Uhr ist, sondern bloss ein billiges Digitaldisplay. Und nun, nach wie gesagt 135 Tagen, ist genau dieses Display bereits kaputt?! Da frage ich mich doch, worein denn die kolportierten 700’000 Franken investiert wurden. In billige Ware aus China? Ganz offensichtlich, ja! Schade!

Da lobe ich mir meine kleine, feine Armbanduhr.

Ist dir übrigens aufgefallen, dass ich im Zusammenhang mit unseren geliebten Schweizerischen Bundesbahnen den Plural verwendet habe? Ich bin der Meinung, es sollten mir alle gleichtun. Leider aber machen dies nicht einmal die SBB selber. Ich muss wohl mal eine Sitzung mit Herrn Meier buchen und mich mit ihm darüber unterhalten.

Nun denn. Gute Nacht.

Ich sage dir, wie spät es ist!

Hast du gesehen? Mein Blog tut dir Gutes und erzählt dir, wie spät es ist! «Es isch füf vor haubi sibni», tut es dir zum Beispiel Kund, da im Kasten auf der rechten Seite, oder auch: «Es ist viertel vor elf», wenn du das lieber möchtest, weil du Berndeutsch einen grässlichen Dialekt findest. Ganz so, wie du es wünschst, denn du kannst es einstellen. Auch Englisch spricht meine Uhr, und es gibt sie in fünf poppigen Farben. Wer keinen Nerv hat für die aktuelle Zeit, der schaltet sie einfach aus (die Uhr, nicht die Zeit. Wer tatsächlich die Zeit ausschalten kann, der möge sich bei mir melden, ich wäre an diesem Trick auch interessiert). Und damit er das dann nicht bei jedem Besuch erneut tun muss, werden die Einstellungen im Browser gespeichert. Vrruckt, weme dänkt!

Wenn du jetzt keinen Kasten siehst und denkst: «Jaja, dr Fritteli, isch er wider mau öppis am zämefantasiere», so entgegne ich: Mitnichten fantasiere ich! Entweder ist dein Bildschirm zu schmal und der Kasten ist nicht rechts, sondern halt einfach unten, oder aber du verwendest irgend einen exotischen oder uralten Browser (mit dem Internet Explorer 8 wirst du zum Beispiel kein Glück haben). Oder aber du hast Javascript deaktiviert. In jedem Fall weise ich jegliche Schuld weit von mir.

Und wer die Zeit gerne ohne mein nerviges Geschreibsel geniessen möchte, der findet auf bärneruhr.ch die Uhr ohne Blog drumrum. No vrruckter, weme dänkt!

Wem das Ganze irgendwie bekannt vorkommt, dem kann ich sagen: Ja, klar! So eine Uhr, die gibt es auch in echt! Aber weil ich mir keine tausenddreihundertfränkige Uhr leisten kann, habe ich halt ein Modell für den armen Mann wie mich nachprogrammiert. Ganz vrruckt, weme dänkt!

Ein Bellevuepissoir ist eigentlich ganz normal

Es ist wieder einmal Zeit, aus meinem Leben zu berichten.

Ich befand mich auf dem Nachhauseweg, als die Blase zu drücken anfing.  Da es sich nicht schickt, von einer Brücke zu urinieren, hielt ich nach einer Alternative ausschau, und da ich just das Bellevue Palace passiert hatte, lag diese auf der Hand: Schon seit langem wollte ich wissen, wie so ein Fünfsternehotel von innen aussieht, und so fasste ich mir ein Herz. Ich verstaute den iPod in der Jackentasche, und drückte gegen die Drehtüre.

Eine mondäne Atmosphäre dekadenten Reichtums schlug mir entgegen: Edler Marmorboden, wohlgekleidete Damen und Herren, dezente Klaviermusik im Hintergrund. Da ich es für unangebracht hielt, mein Geschäft direkt in der Eingangshalle zu verrichten, hielt ich mich an die Réception. «Exgüseh, i hane ungwöhnlechi Frag», begann ich, und fuhr demütig weiter: «I mues dringend uf d Toilette, u ha mi gfragt …» Weiter kam ich nicht, denn der aufmerksame (und armanibeanzugte sowie guccibehemdete) Herr verstand sogleich: Hier ist Not am Manne! Er verwies mich mit einer diskreten Handbewegung an die Urinierfazilitäten, die sich unweit hinter einer entsprechend gekennzeichneten Türe befanden. Ich bedankte mich, und begab mich auf den Weg.

Ich trat ein.

Und musste feststellen, dass sich so ein Bellevuepissoir eigentlich  nicht gross von einem handelsüblichen, normalsterblichen Pissoir unterscheidet: Es ist weiss, und die Zeichnung einer Fliege klebt an dem Punkt, wo es am meisten spritzt, wenn der Strahl ihn trifft. Bloss das drumherum ist einigermassen grandios: Untermalt von edlem, grünem Steinboden thront ein bronzenes, eingelassenes Emblem eines Vogels (ein Adler? Ich weiss es nicht genau) bei der Türe im Boden, die Wasserhahnen sowie die (doppelt vorhandenen!) Handtuchspender sind in edlem Gold gehalten, die Seife riecht angenehm und teuer. Das einzige, was nicht so recht dazupassen will, ist der silberne Abfalleimer mit Pedal, der durchaus aus der IKEA stammen könnte, aber weil ich nicht der einzige bin, der zu diesem Zeitpunkt seinem Harndrang auf dieser Toilette Linderung verschafft, kontrolliere ich seine Herkunft nicht.

Erleichtert verliess ich den Ort des Geschehens mit dem Gefühl, ein Stückchen Jet-Set- und High-Society-Luft  geschnuppert zu haben. Man soll sich ja mit wenig zufrieden geben.

Und zum Schluss noch eine kleine Notiz am Rande: Die Uhr am Bundesplatz zeigt nun endlich die korrekte Zeit an. Wurde auch Zeit …

Die Uhr, zum Letzten

… so hoffe ich zumindest, denn ich möchte auch wieder einmal über etwas Anderes schreiben können, als immer nur über diese ewige Uhr am Bundesplatz. Ich hoffe nun, dass mein letztes E-Mail seine Wirkung fachgerecht entfalten kann, und so die Uhr bald — endlich! — die richtige Zeit anzeigen wird. Lies, was ich geschrieben habe:

Sehr geehrter Herr S. (*)

Mit grosser Freude durfte ich letzte Woche feststellen, dass die Uhr am Bundesplatz endlich ersetzt wurde. Ich möchte mich dafür bei Ihnen und Ihrem Team für Ihre Bemühungen bedanken.
Trotz Allem fühle ich mich verpflichtet, Ihnen mitzuteilen, dass die Uhr eine Stunde vor geht. Möglicherweise hat sie bei ihrem Aufenthalt beim Doktor die Umstellung zur Winterzeit verpasst, oder aber sie wehrt sich auch noch 26 Jahre nach Einführung der Sommerzeit standhaft gegen die ständige Umstellerei.
Wie dem auch sei, ich bin überzeugt, dass einer Ihrer Mitarbeiter mit einer geschickten Drehung des Schraubenziehers die Uhr zur Raison bringen kann.

 

Mit freundlichen Grüssen,
Manuel Friedli

(*): Name der Redaktion bekannt

So. Wenn das nicht wirkt, reisse ich die Uhr höchstpersönlich von der Wand. Und montiere eine Sonnenuhr.