Ohn› Telefon, ohn› Kommunikation

Ich habe ein erstaunlich internetfreies Wochenende hinter mir. Dies nicht ganz freiwillig, allerdings wohl auch nicht zu meinem Schaden. Als störend kann höchstens empfunden werden, dass nebst dem fehlenden Internet auch das Telefon geschwiegen hat. Und zwar sowohl ein- als auch ausgehend. Und dies kam so:

Irgendwann im Verlaufe des Sonntagnachmittages wurde es still auf der Telefonleitung. Das Freizeichen blieb aus, wenn wir den Hörer abnahmen, und wenn wir versuchten, von beliebigen mobilen Telekommunikationsendgeräten auf unseren Festnetzanschluss zu verbinden, wurden wir umgehend mit einem Besetztzeichen abgewimmelt.

Auch die Internetverbindung verhielt sich verdächtig ruhig, soll heissen: War dem Tod näher denn dem Leben. Kein einziges Bit fand den Weg weder nach aussen noch nach innen.

«Ja super, hei di Giele bi Orange wider mau öppis küngelet! Gratuliere!», dachten wir, und geduldeten uns.

Am Montagmorgen: Totenstille auf allen Leitungen. Also griff ich zum Hörer meines vorübergehenden mobilen Telekommunikationsendgerätes und wählte die Gratishotline von Orange. Ich wählte mich wie ein Wilder durch den automatischen Sprachdienst, um am Ende Bescheid zu kriegen, ich sollte bittesehr auf die andere Hotline, die für die technischen Fragen, anrufen, die wo elf Rappen pro Minute kostet. Was ich dann auch tat. Oder besser gesagt: versuchte, denn 0900er-Nummern sind von meinem vorübergehenden mobilen Telekommunikationsendgerät gesperrt. Ebenso von dem Corni seinem, und von den flitterwochigen Roman und Inés war in diesem Moment keine grosse Schützenhilfe zu erwarten.

Dann also ab in die Telefonkabine, notabene mit dem grossen, dicken Ordner, der alle Orange- und Swisscom- (und sonstigen) -Unterlagen enthält. Postcard in den Schlitz, und — dann der Ärger: Offensichtlich funktioniert die Postcard an den öffentlichen Telefonen bereits nicht mehr. Dann halt wieder zurück in die WG, um alles vorhandene Münz zusammenzukratzen, denn wer weiss, wie lange man in der Warteschlaufe verweilen muss, bis man endlich an die Reihe kommt, und das kann dann teuer werden.

Mit genügend Kleingeld ausgestattet startete ich den zweiten Versuch. Die Warteschlaufe entpuppte sich als angenehm kurz, und der orange Herr am anderen Ende der Leitung als angenehm freundlich und hilfsbereit. Bereits nach kurzer Zeit hatte er das Problem als sich in der Swisscom-Zentrale befindlich eruiert.

So wählte ich dann halt die zum Glück kostenfreie Störungsnummer der Swisscom, wo ich nach Nennung der gestörten Telefonnummer vom sympathischen Frollein als «Herr Hellfiger» begrüsst wurde. Nunja, Häfliger ist für deutsche Zungen allem Anschein nach ein komplizierter Name.

Jedenfalls wurde für unseren Anschluss ein Trouble-Ticket eröffnet, und am Abend um sieben ereilte mich der Telefonanruf eines weiteren freundlichen Frolleins (arbeiten da eigentlich ausschliesslich freundliche Frolleins, bei der Swisscom?), sie müssten uns einen Techniker ins Haus schicken, und das würde «am Zischtig morge zwüsche achti u zwöufi» passen. Hey! Hervorragend! Ich liebe präzise Zeitangaben!

So blieb ich denn heute Morgen zu Hause, des Technikers harrend, der da kommen möge.

Er kam, sah, und schraubte. «E Churzschluss uf dr Leitig» diagnostizierte er, flickte die Chose, und Telefon und Internet funktionieren seither wieder Reibungslos.

Das ist denn auch der Grund, dass ich hier und jetzt bloggen kann. Ist die Technik nicht ein gar wundersames Ding?

Der Sohn vom Samichlaus!

Die landläufige Meinung erzählt uns, der Samichlaus wohne am Nordpol oder im tiefen Wald oder hinter den hohen Bergen, aber das ist alles Habakuck. Der Samichlaus wohnt nämlich irgendwo hier in Bern, schliesslich kam er früher immer im Dezember mit seinem Schmutzli, seinem Esel und seinem dicken Buch voller Weisheiten an die Steinerstrasse zu Nachbars Haus, wo sich beinahe die gesamte Steinerstrassenbevölkerung eingefunden hatte, um der Jungmannschaft die Leviten zu lesen, und man kommt nicht einfach so mir-nichts-dir-nichts nach Bern, nein, man muss schon hier wohnen, um hier Samichlaus zu sein. Und gestern nun, da ist etwas Ungeheuerliches passiert. Aber lies selber!

Begonnen hat der Abend in der Seemannsbar. Wir tranken ein, zwei Bier und ein, zwei Carajillos (schreibt man das so?), assen dazu eine gute, harte Räucherwurst, und dann ging’s los: Zwei musikinstrumentenbewehrte Gesellen, der eine mit Tuba, der andere mit Trompete, stürmten das Lokal und begannen sogleich zu spielen, was sich für meinen rechten Mittelfinger als fatal erwies. Vom ständigen Mitschnippen — und mitschnippen musste ich einfach, denn die haben höllengut gespielt, die zwei — vom Mitschnippen also bildete sich innert kürzester Zeit sooooooo eine Platere, die mich jetzt noch daran hindert, die Hand einigermassen artgerecht zu benutzen.
Kurzum: Wir waren begeistert. Aus dieser Begeisterung heraus ergab sich ein Gespräch mit den beiden Musikanten, im Verlaufe desselbigen sich Ben, der Trompeter, erkundigte, ob ich denn Peter und Thomas kenne, und ich antwortete aber natürlech, bi dene hei mr ja geng dr Samichlous gfiiret, u mit em Peter bini i d Schueu, und als mir Ben noch einmal seinen Nachnamen nannte, fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren: Der Samichlausenschauspieler (denn dass der Samichlaus nicht echt war, sondern bloss hervorragend gespielt, hatte ich mit fortschreitendem Alter auch ausbaldowert) heisst genau so, und tatsächlich ist der Ben sein Sohn, und also habe ich demzufolge gestern Abend des Samichlausen Sohn in leibhaftigem Ausmass getroffen! Wenn das mal keine Erkenntnis ist, die selbst den Stärksten aus den Socken haut! Mich hat’s das jedenfalls. Die Welt ist klein!

Bericht aus dem Mittendrin

Das Westside ist eröffnet, und bei dem schönen Wetter packte ich die günstige Gelegenheit, da mal einen Blick von innen draufzuwerfen. Der Besuch begann damit, dass ich, von Natur aus überall ortsunkundig, irgendwo eine falsche Abzweigung erwischt haben muss, und mich unverhofft inmitten hoher Wohnblöcke wiederfand, deren Perimeter zu verlassen sich mit dem Velo zwar schwierig, aber trotz allem nicht unmöglich gestaltete, so dass ich schliesslich wohlbehalten an jenem Platz eintraf, den man, wie ich vermute, den «Gilberte-de-Courgenay-Platz» zu nennen pflegt.

Mein erfreutes Auge erblickte, nicht ohne einiges Suchen, einen Veloabstellplatz. Aber – oh je! – ich begriff ihn nicht! Bestimmt fünf Minuten lang kämpfte ich mit dem Funktionsprinzip dieser hochtechnisierten Einrichtung, bis ich herausfand, dass Fahrräder in diesem Ding nur von der einen Seite eingestellt werden können. Ich fuhr also rundherum, und war nun im Stande, mein Velociped ohne weitere Umstände artgerecht anzupflocken. Ein gar kleiner Abstellplatz ist es zudem noch, der dort den Velofahrern eingeräumt wird. Mögest du ihn hier bestaunen:

Veloständer beim neuen Westside-Zentrum

Nun, da ich mein Velo untergebracht hatte, tauchte ich ein ins Vergnügen. Mein erster Eindruck: «Wo ist denn hier der Eingang?» So ein neues Einkaufszentrum (und Spa und Hotel und Freizeit und Vergnügen und Bahnhof und was-weiss-ich-noch-alles) ist ja schön und gut, aber der Architekt muss ja ein ziemlicher Armleuchter sein, wenn er den Eingang vergisst! Ich irrte kurz umher, und wurde bald einmal belohnt: Dort, wo die Menschenmassen hinein- und herausströmten, das musste wohl der Eingang sein! Ich strömte also dort ein.

Nun nochmal: Mein erster Eindruck: «Laut ist es hierinnen!» Dem Kuno Lauener sein Blatt im Wind wurde regelrecht aus meinem iPod davongeweht, so dröhnten und lärmten all die Menschen um mich herum, und ich musste Züri West noch einige Dezibel mehr spendieren, wenn ich etwas von ihnen mitbekommen wollte. Musikalisch derart ausgerüstet machte ich mich auf die Pirsch und schlich ein wenig durch dieses Konsumparadies. Aufgefallen sind mir als Erstes diese Wegweiser, die dem Besucher das Ziel seiner Wünsche weisen sollen. «Erlebnisbad & Spa» las ich da etwa, und «Cinémas». Und dann: «Food Court». Wiebitte, was?

Wegweiser im Westside

Was, bitteschön, ist ein «Food Court»? Ein Gerichtssaal für Esswaren etwa? Ich wurde nicht schlau daraus, und folgte den Wegweisern. So irrte ich durch eine moderne Welt aus Glas und hellem Stein, und stand unvermittelt vor der Migros. Ich sagte mir, wenn ich schon im neuesten teuersten besten Konsumtempel der Schweiz bin, muss ich auch etwas kaufen! Ich kaufte ein Zahnbürstli.

Weiter ging’s, und endlich kam ich bei diesem sagenhaften Food Court an, der sich schlicht als Ansammlung von Essständen herausstellte, und da ich in diesem Moment nicht hungrig war (ja, das gibt’s!), flanierte ich weiter.

Einen Stock tiefer befinden sich die Kinosäle, und gleich davor ein Autohaus mit zwei, drei Ferraris und einigen Maseratis in der Präsentationshalle. Ein Angestellter in noblem Anzug war emsig damit beschäftigt, den einen Maserati mit einem Lappen auf Hochglanz zu polieren, derweil sich eine aufgebretzelte und stark geschminkte Angestellte mit einem überdimensionalen Staubwedel über die gläsernen Vitrinen hermachte. Ein drolliger Anblick.

Aber eben, die Kinosäle. Wie’s scheint zeigen die dort hunderte von Filmen, so kam es mir jedenfalls vor, und damit sich der Besucher besser orientieren kann, stehen Säulen mit Kreditkartenschlitzen und Touchscreen umenand, wo man sich wahrscheinlich das Billett gleich selber kaufen kann. «Bitte Karte einführen oder Bildschirm berühren» strahlte mir so ein Touchscreen entgegen, und da ich gerade keine Karte dabei hatte, die Lust verspürte, eingeführt zu werden, berührte ich den Bildschirm.

Nichts geschah. Ich tippte noch einmal drauf. Nichts geschah. Etwas vehementer tippte ich abermals. Nichts geschah. Ich tippte nun viele Male hintereinander. Nichts geschah. Jetzt nahm ich beide Hände zu Hilfe, um eine Tipptirade sondergleichen auf den mich immer noch höhnisch anstrahlenden Bildschirm loszulassen, und klopfte den schönsten Paradiddle meines Lebens. Nichts geschah. Da wurde es mir zu bunt, und mit der ganzen Handfläche schlug ich (sachte, versteht sich) auf den Bildschirm ein. Da! Der Schriftzug verschwand, und ich sah mich mit Film- und Platzauswahl konfrontiert, die ich nun aber abbrach, da es ja nicht meinem Ziel entsprach, einen Kinofilm anzuschauen.

Im Übrigen verriet mir ein Blick auf die Freie-Plätze-Bildschirme, dass für jeden Film noch zwischen 150 und 200 Billette zu haben waren.

Nun denn! So ein Ausflug macht müde, und so trat ich die Suche nach dem Ausgang an. Zwar hatte ich immer noch Musik im Ohr, aber nicht derart laut, dass ich nichts mehr von meiner Umwelt wahrgenommen hätte. Und so wurde ich Zeuge davon, wie ein junger Mann zu einer jungen Frau, die sich soeben getroffen hatten, sagte: «… ewig nümme gseh! Du hesch di ja huere veränderet, Mann!» Wäre ich die Frau gewesen, ich hätte ihm so eine geklebt, dass er bis hinter den Horizont gekullert wäre. Es kann für eine Frau schliesslich kaum als Kompliment durchgehen, wenn das Gegenüber verkündet, sie habe sich verändert, und sie zu allem Überfluss noch für einen Mann hält.

Ist gerade ein bisschen lang geraten, dieser Beitrag. Lassen wir es dabei bewenden, und widmen uns dem Znacht. E Guete.

Es ist nicht illlegal!

😀 Was ich schon seit Längerem loswerden wollte (und hier bin ich mir – einmal mehr – nicht sicher, ob man längerem oder Längerem schreibt (dem aufmerksamen Mitglied meiner hochwohlgelöblichen Leserschaft wird die Klein-/Grossschreibungsdivergenz der beiden Worte aufgefallen sein), aber so wichtig ist das auch nicht, schliesslich geht es hier nicht um Grammatik (oder Orthographie (oder andere sprachliche Raffinessen)) sondern um etwas ganz Anderes (und hier bin ich mir der Grossschreibung relativ sicher, zumal ich mich im vorangehenden Nebensatz eines Genitivs zu bedienen wusste, und dies dem Beitrag als Gesamtes eine hochstehendere Note verleiht, als dieser verdient hat), und zwar um Legalität), schreibe ich nun endlich nieder:

Mit Fotobildaufnahmegerät im Kompaktformat ausgestattet machte ich mich vor geraumer Zeit auf den Heimweg und kurvte soeben aus der Velostation am Milchgässli, als mir eine kreidene Inschrift an der Mauer des Burgerspitals auffiel, deren orthographische Unzulänglichkeit mich dergestalt anrührte, dass ich nicht umhin kam, sie (die Inschrift, nicht die Unzulänglichkeit) für die Nachwelt in elektronischer Form aufzubewahren, und diesenzwecks mit erwähntem Fotobildaufnahmegerät im Kompaktformat ein Abbild der Realität in den Speicher bannte. Das Resultat sollst du hier zu Gesicht bekommen, und sei versichert: Wenn du dir zwecks Erheiterung deines Gemütes das Bild auf deinen Heimrechner herunterladen möchtest, so ist das weder illegal noch illlegal, denn ich erlaube es dir ausdrücklich. Here goes:

Grafitti mit leichtem Schreibfehler

Soviel nun mal dazu. Ich hätte noch haufenweise andere Lichtbilder, sehe mich im Moment aber genötigt, der Abwasserreinigungsanlage der Stadt Bern Arbeitsmaterial zur Verfügung zu stellen und verabschiede mich folgerichtig mit hoher Geschwindigkeit Richtung Klo. Gute Nacht!

Auf zur sechsten Saison!

Das Warten hat ein Ende, morgen geht’s wieder los: Ab morgen gibt’s am Montagabend jeweils wieder etwas zu hören, denn morgen startet das Swiss Jazz Orchestra in seine sechste Saison. Jim McNeely wird, so erzählt es die Website, am Piano sitzen, und da ich diesen Jim überhaupt nicht kenne, bin ich gespannt, was er zu bieten hat.

Konzertstart um 20 Uhr in Huerebibeli. Wer kommt mit?