SJO-Gala-Night

Dass am Montag ein solcher Beitrag erscheint, hat beinahe schon Tradition, wenngleich mir langsam die Ideen ausgehen, was ich über die Thematik noch neues schreiben könnte, ist meine Begeisterung für das SJO doch gemeinhin bekannt. Und trotzdem ist halt nicht jedes Konzert genau gleich, so dass ich auch heute wieder von einer Individualität berichten kann.

Es war Gala-Night. Der Specialguest war zwar Roman Schwaller, den ich erst seit heute als grossen Sexophonisten kenne, aber trotzdem kam kaum ein Stück ohne Posaunensolo aus. Und wie meistens spürte man auch heute den dem SJO ganz eigenen Chop-Factor, pardon: Tschopp-Faktor. Ein echter Showman ist er, der Andreas, oder Matthias?, Tschopp. Wie nun sein wirklicher Vorname lautet, darauf konnten sich Roman Schwaller und Till Grünewald, die sich die Ansagen teilten, bis am Schluss nicht einigen. Obgleich ich Tills Variante, also dem Andreas, mehr Glauben schenke.

Und nach dem Konzert folgte der Schock des Abends. Wir sassen noch gemütlich an unserem Tischchen, als gerade der Tobias Friedli vorbeirauschte. Ja, das ist der vom Schlagzeug, der mit dem schönen Nachnamen, bei dessen Klang man unweigerlich an die schönen, grünen Weiten des lieblichen Emmentals denken muss, denn da stammt ein echter Friedli her. Er rief gerade einem Musikerkollegen etwas zu, und ich konnte zuerst gar nicht glauben, dass jene Wörter wirklich seinem Munde entstammten. Diesem Mund, dem ich stets, ganz selbstverständlich, ein wunderbar ländliches Berndeutsch angedichtet habe. «Nääi, er kännt mich überhäupt nööd!», tönte es! Breites Züritüütsch, der Dramatik halber hier ein wenig überspitzt wiedergegeben, aber nichtsdestotrotz Züritüütsch! Da also krachte meine Traumwelt in sich zusammen, und ich bin also nun definitiv in der Realität gelandet. Von nun an glaube ich an nichts mehr.

Uhr minus Zeiger gleich E-Mail

Wenn schon nichts passiert, so muss man halt etwas zum Passieren bringen, mit anderen Worten: Eine Aktion starten. Wie du vielleicht auch bemerkt hast, fehlen der Uhr am Bundesplatz die Zeiger. Was soll man mit einer zeigerlosen Uhr anfangen? Eben. Ich habe also dem Tiefbauamt wieder mal ein E-Mail geschrieben …

Sehr geehrte Damen und Herren,

an der Südfassade des Café Fédéral (Bärenplatz 31, Ecke Bundesplatz)
befindet sich eine Uhr, wie sie an vielen öffentlichen Plätzen in der
Stadt Bern anzutreffen ist. Leider fehlen ihr seit geraumer Zeit die
Zeiger, was das Ablesen der Uhrzeit zu einem sehr schwierigen, wenn
nicht gar unmöglichen Vorhaben verkommen lässt.
Als Zugehöriger jener Bevölkerungsschicht, die weder Armbanduhr noch
Mobiltelefon besitzt, bin ich immer sehr froh, wenn ich im öffentlichen
Raum eine funktionierende Uhr antreffe, um mir meinen Tagesablauf mit
Hilfe der zur Verfügung gestellten Zeitinformation strukturieren zu
können. Umso schmerzlicher ist für mich deshalb der Verlust der Zeiger
an besagter Uhr.
Ich wollte mich deshalb bei Ihnen höflich erkundigen, ob, und falls ja,
wann die Uhr wieder instand gestellt werden wird.

Freundliche Grüsse,
Manuel Friedli

Ich freue mich bereits auf die Antwort!

Hesch e Zigarette? Nid? De tätschi dr eis.

Es gibt Situationen, die stimmen einen einfach nachdenklich. Und einen ziemlichen Bitz ärgerlich. So wie heute.

Wir hatten soeben die Beiz verlassen und unterhielten uns unter den Lauben, als zwei Typen auf uns zu kamen. «Heit dr e Zigarette?», frugen sie, und wir verneinten wahrheitsgetreu. Aus irgend einem Grund diskutierte der eine, der blondhaarige, noch weiter mit C. (Name der Red. bekannt), und plötzlich, aus heiterhellem Himmel und nicht vorherzusehen,*tätsch* schlug er ihm die Faust ins Gesicht. Ich konnte gar nicht glauben, was da passiert war, und kann es immer noch nicht. Der Typ ging von dannen, derweil der zweite zu erklären versuchte: Schwierige Kindheit, Eltern verloren, halb Finne (was auch immer daran so schlimm sein mag). Er erlebe solche Situationen fast jedes zweite Wochenende, es tue ihm Leid, und mittlerweile kam der Schläger wieder um die Ecke gebogen. «He, git’s Puff?», wollte er von weitem wissen, und marschierte bereits mit aggressivem Schritt auf uns zu. Der Erklärer konnte ihm zu verstehen geben, dass alles in Ordnung sei, und dass er wieder gehen solle. So ging er, und bald darauf auch sein Kumpan, dem alles Leid tat («Göht itze, bevor är mit sine Kollege zrügg chunnt!»). C.s Backe war derweil auf beachtliche Grösse angeschwollen, und mit einer Portion Eis (zum Kühlen) aus der Beiz, die wir keine 10 Minuten vorher verlassen hatten, machten wir uns auf den Heimweg.

Und nun bin ich hier, und nachdenklich. Was geht in so einem Menschen vor, dass er einfach aus dem Nichts dreinschlägt? Einem Anderen mitten ins Gesicht? Da muss in Kopf eine grosse Stellwerkstörung vorliegen. Ein totaler Stromausfall. Ein nuklearer GAU. Ein grober Entwicklungsfehler. Ich kann das einfach nicht verstehen.  Man hätte eigentlich sofort zurücktätschen müssen, immerhin waren wir zu dritt. Aber mit einem Faustschlag rechnet ein vernünftiger Mensch ja nicht, wenn er am Reden ist. Und so waren wir allesamt zuerst einmal nur baff, als es tätschte. Ich kann es immer noch nicht gänzlich fassen.

Münsiger Donschtig-Abe

An einem Donnerstagabend kann man genau etwas tun: man bleibt zu Hause oder man geht in den Ausgang. Man kann also zwei Dinge tun: Man bleibt zu Hause oder man geht in den Ausgang oder man arbeitet für die Uni. Okay, es gibt also drei Dinge zu tun: man bleibt zu Hause, man geht in den Ausgang, man arbeitet für die Uni, oder aber man geht an eine Probe der MGBBM. Och! Nun sind es schon der Dinge vier, die zu Tun einem offen stehen. Ich entschied mich heute für Ding Numero vier und reiste nach Münsingen. Und ausnahmsweise liess ich mich nach der Probe sogar dazu breitschlagen, der Beiz einen Besuch abzustatten.

Das tut aber alles gar nichts zur Sache! Denn worum’s hier wirklich geht steht erst im folgenden Abschnitt geschrieben.

Ich wurde zur Heimkehr netterweise bis auf die Bahnhofparkingterrasse gefahren, eine Dienstleistung, die ich nicht hätte missen gewollt, stand doch mein Fahrrad in der Bollwerkvelostation, und somit bot sich mir der Bahnhof als Aussteigestation wirklich an. Ich kam also dort an, so schrieb ich, und es dauerte nicht lange – bloss wenige Sekunden, möchte ich meinen – bis ich zwei junge Männer gewahrte, die einer Flasche habhaft zu sein schienen. Und alswie ich näher kam, so wurde es offenbar: Es war ein Schämpisgutter, der sich in deren Obhut befand. Soeben vernahm ich, wie der eine zum Anderen sagte «Gopf, i ma itz de nümm!», und als sozialer Mensch, der ich nun einfach mal bin, bot ich meine Hilfe an: «Söui e Schluck nä?», anerbot ich meine Dienste, und sogleich erreichte mich nebst der Flasche die prompte Antwort «Ja, eh!», und also langte ich zu, will sagen: schluckte ich tief. Die Dankbarkeit, die mir entgegenströmte, kann ich kaum in Worte fassen, aber das macht nichts, denn ein echter Samariter bringt seine Wohltat auch ohne Worte. Oder aber auch wie auch immer.

Es bleibt jetzt höchstens noch zu sagen, dass ich auf dem Heimweg mit technischen Unzulänglichkeiten meines Fahrrades zu kämpfen hatte. Es sprang mir die Kette vom Kranz, so dass ich, um sie wieder einzuhängen, mein letztes papiernes Taschentuch opfern musste, und nun trotzdem schwarze, karrensalbebeschmierte Finger mein eigen nenne. Wo bleibt die Fairness in diesem unserem Leben?