Der Trämeler, dein Freund und Gemüseretter

Nach getanen Kommissionen fahre ich mit dem Kastenvelo über die Kirchenfeldbrücke in Richtung Helvetiaplatz, die Ladebucht voll mit all den guten Gaben, die der Bärner Märit zu bieten hat. Mitten auf der Brücke, gegen böigen Seitenwind kämpfend und deswegen nur langsam unterwegs, muss ich einem auf der Strasse liegenden Bündel Federkohl ausweichen. Ob es sich wirklich um Federkohl handelt, kann ich zwar aufgrund der anspruchsvollen Fahr- und Wettersituaion nicht mit abschliessender Sicherheit sagen, aber Grünzeug ist es auf alle Fälle, und das scheint jemandem aus dem Velokörbchen gefallen zu sein, so mutmasse ich.

Und wie ich weiter meines Weges fahre, nähert sich von hinten ein blaues Bähnli, welches mich ungefähr auf Höhe Luisenstrasse eingeholt hat. Ich bemerke, wie es relativ langsam zu fahren scheint, und als ich «Heit dir die Chrutschtile verlore?» höre, drehe ich mich zur Seite und sehe den Trämeler, wie er aus dem Fenster lehnt und mir zuwinkt. Auf mein beruhigendes «Neei!» hin, zieht er sich in die Fahrerkabine zurück und rauscht mit seinem Tram vondannen.

Ich fahre gemütlich weiter und mache mir Gedanken. «Danke, dass der gfragt heit!», «Das Gmües isch scho dert gläge, woni düregfahre bi!» oder «Das isch gloubs Fäderechöhli u kener Chrutschtile» sind nur ein paar der möglichen Antworten, die mir jetzt duch den Kopf gehen. Aber so schnell kann ich auf dem Velo nicht denken, als dass ich rechtzeitig so eine Replik hätte geben können, und sowieso ist es jetzt zu spät und damit müssig, weiter darüber zu sinnieren.

Ich möchte dem Trämeler auf diesem Weg einfach für die Nachfrage danken. Die Welt braucht mehr solcher menschenfreundlicher Leute!

Und jetzt: Montreux!

Bitte beschweren Sie Ihr Gemüse. Danke.

Schön, ja! Endlich darf ich wieder den scharfäugigen, spitzzüngigen Beobachter mimen, den pingeligen Sprachfetischisten, der einen Tippfehler partout nicht Tippfehler sein lassen kann. Unsere heutige Geschichte spielt sich in der MMMartkgassmigros ab, und sollte jemand auf die Idee kommen, MMM sei ein Tippfehler, so irrt sich der.

Ein Bild sagt mehr als tausend (tausend!) Worte, deshalb lasse ich Bilder sprechen:

Da hat sich ein «t» einen Schabernack erlaubt

Ich musste zweimal lesen und kam beide Male zum Schluss, im englischen Text stehe da: «Bitte benutzen Sie die Waage, um Gemüse und Früchte zu Gewicht. Danke.» Zu Hause angekommen habe ich sicherheitshalber Leo angeworfen und liess mich eines Besseren belehren: to weight existiert tatsächlich als Verb. Nur heisst es nicht abwägen.

Wenn ich das nächste Mal in der Migros einkaufe, nehme ich halt so eine Waage und beschwere alles Gemüse, das mir in den Weg kommt. Und wenn es einem Angestellten nicht passt, verweise ich aufs Schild.

Oder aber bedeutet die Aufschrift, man solle doch dem Gemüse mehr Gewicht zukommen lassen, sprich: mehr davon essen? Möglich wär’s. Ich werde mich also an die Migros wenden, und vorschlagen, sie sollen doch den deutschen Text anpassen: «Wir bitten Sie, mehr Gemüse zu essen. Besten Dank.»