Was man nicht alles bei den Wahlunterlagen findet!

Schon wieder sind vier Jahre vergangen, und National- und Ständerat wollen neu besetzt sein. Die schiere Menge von Kandidierenden und Listen kann einen buchstäblich erschlagen, aber glücklicherweise gibt es smartvote, was mir auch diesmal wieder gute Dienste geleistet hat.

Spannend finde ich da jeweils nicht nur, was mir empfohlen wird, sondern ebenfalls, mit welchem Kandidaten, welcher Kandidatin ich die kleinste Übereinstimmung habe. Nicht ohne Stolz kann ich hier verkünden, dass es beim Nationalrat – einmal mehr – Erich Hess auf den letzten Platz geschafft hat. Auch wenn zwischen uns eine Übereinstimmung von ganzen 5.8% besteht.

Beim Ständerat gebührt diese Ehre Philipp Jutzi. Da mir dieser Herr kein Begriff war, kramte ich all meinen Mut zusammen und stattete seiner Website einen Besuch ab.

Nun, was soll ich sagen? Eines mal vorweg: Einen Link auf seinen Webauftritt werde ich hier nicht veröffentlichen. Der interessierte Leser, die interessierte Leserin wird gewiss selber imstande sein, seine Internetzseite aufzustöbern. Aber so ein paar Müsterchen zu erwähnen kann ich mir – meinem grammatikalisch-orthographischen Gewissen zum Trotz – dann doch nicht verkneifen.

Da wäre zunächst einmal der überwiegende Gebrauch von GROSSBUCHSTABEN AUF DER HOMEPAGE. ALLEM ANSCHEIN NACH HAT ES DEM PHILIPP DIE CAPS-LOCK-TASTE VERKLEMMT. Das fördert nicht unbedingt die Leserlichkeit, ist aber bei weitem nicht das, was mich am meisten stört.

Ins Auge gestochen sind mir nämlich vielmehr die unzähligen Deppen Leer Zeichen. «TREIB STOFF ZUSCHLÄGE», «PREIS LEIT BILD», «UMVERTEILUNGS ABGABEN» oder «MEHR WERT STEUER ERHOEHUNG», um nur ein paar zu nennen. Und der obligate «das/dass»-Fehler darf natürlich auch nicht fehlen.

Dass bei der ganzen Grossschreiberei dann die «TV + RADIO GEBUEREN» um ihr wohlverdientes «H» gebracht werden, finde ich einfach nur noch traurig. Immerhin sind die Rundfunkgebühren nicht alleine. Sie werden begleitet von «(…) GEBUER AM GOTTHARD», «(…) STRASSEN GEBUEREN (…)» und «(…) NATIONALSTRASSEN GEBUER (…)» (Aufzählung ohne Garantie auf Vollständigkeit).

Aber item. Kandidierendenwebseiten sind ja nicht alles. Es gibt ja noch diese wunderbaren Wahlpropagandaprospekte, deretwegen das Couvert mit den Unterlagen jeweils so unförmig aufgebläht ist. Auch bei diesen Wahlen habe ich mir die Mühe gemacht, zumindest jedes Pamphlet einmal durchzublättern. Und dabei blieb ich bei der Liste 34 der Schweizer Demokraten hängen. Schau mal (Verpixelung durch mich):

Wahlpropagandaprospekt der Schweizer Demokraten mit dem Spruch "Schweizer - wehrt Euch!"

Haben nicht die Nazis Anno 1933 beim Judenboykott einen ganz ähnlichen Spruch verwendet? Ich dächte, schon … Also mir ist das eindeutig zu geschmacklos. Ab ins Altpapier damit.

Und damit: Fertig. Geht wählen!!!

Bitte wählen

Bereits sind wieder vier Jahre um, wie doch die Zeit vergeht! National- und Ständeratswahlen stehen an, und wenn ich meinen Blog schon monatelang ruhen lasse, und dabei sogar die Gelegenheit ungenutzt verstreichen lasse, für das sowohl grosse als auch grossartige 30-Jahre-RBB-Jubiläumskonzert im Berner Münster unter dem Titel «Brass im Münster», das letzten Samstag, den 12. Oktober, über die Bühne ging und – so wage ich zu behaupten – ein voller Erfolg war, dann kann ich ihn, meinen Blog, wenigstens mit den wichtigsten Wahlen, die uns Schweizern alle vier Jahre bevorstehen, reanimieren.

Schau, wie schön mein ausgefülltes Couvert auf dem Tische sich präsentieren tut:

Brandfrisch ausgefüllt, zugeklebt und abgelichtet.

Schade nur, kann man nicht das Innere erspähen, schliesslich ist meine Wahlliste derart exzellent ausgefüllt, dass sich abschreiben für jedermann und -frau lohnt! Und genau deswegen entschliesse ich mich nun dazu, meine Wahlliste hier und jetzt zu veröffentlichen. Damit sich alle ein Beispiel nehmen und von mir abschreiben können. Ich habe den Deluxe-Smartvote-Fragebogen mit 75 Fragen ausgefüllt. Für den Ständerat ist die Wahlempfehlung wenig überraschend (Rytz/Stöckli). Für den Nationalrat habe ich von den Resultaten die 12 am besten übereinstimmenden Kandidaten und Kandidatinnen jeweils einmal auf meiner Liste notiert. Die 12 restlichen Listenplätze gehen dabei an die Liste 14 (Grüne – Junge Alternative JA!), mit welcher ich die grösste Listen-Übereinstimmung erzielt habe.

Hier die Nationalratskandidaten in absteigender Reihenfolge der Übereinstimmung gemäss Smartvote:

KandidatennummerKandidatennameListe
12.08.4de Meuron AndreaGRÜNE
13.16.1Klopfstein CaroleJunge Grüne
12.16.5Müller DavidGRÜNE
12.07.6Bühler DominiqueGRÜNE
06.06.8Fisch SofiaJUSO
13.12.9Gasser SaraJunge Grüne
13.14.5Brechbühler EstherJunge Grüne
13.02.1Zeilstra AnnaJunge Grüne
14.10.9Patzen SerainaGrüne – JA!
13.21.8Reusser MarlenJunge Grüne
06.14.9Koller LevinJUSO
12.02.5Trede AlineGRÜNE

Weil das alleine aber langweilig ist, hier noch ein paar Zahlen:

  • Von den 12 Kandidaten und Kandidatinnen sind 10 Frauen und 2 Männer. Fazit: Ich stehe auf Frauen.
  • Eine Kandidatin ist älter als ich, die anderen alle Jünger. Fazit: Ich bin alt.
  • Summiert man die Altersdifferenzen zwischen den Kandidaten und mir, kommt man auf -94 Jahre. Fazit: Ich bin nicht ganz 100.
  • Der durchschnittliche Listenplatz meiner Kandidaten ist 10⅔. Fazit: Ich bin eher ein Hinterbänkler.
  • Die älteste Kandidatin hat Jahrgang 1973, die Jüngste 1997. Fazit: Ich decke den gesamten Zeitraum von der Watergate-Affäre bis zum Tod Lady Dianas ab.
  • Die durchschnittliche Übereinstimmung zwischen den Kandidaten und mir laut Smartvote beträgt 82%. Fazit: Mein Jahrgang ist omnipräsent.
  • Es gibt unter meinen Kandidaten keine(n) mit meinem Jahrgang. Fazit: Mein Jahrgang ist doch nicht omnipräsent.
  • Obwohl ich mit Liste 14 die grösste Übereinstimmung habe, gehen 5 meiner Kandidatenstimmen an die Jungen Grünen (Liste 13), lediglich 1 an die Grüne – Junge Alternative JA! (Liste 14). Fazit: Wer sich darauf einen Reim machen kann, ist gescheiter als ich.

So viel dazu. Wie sieht’s bei dir aus? Couvert schon abgeschickt?

«Führsprecher»? Was bitteschön soll das sein?

Oh-oh! Was muss uns das sagen, wenn zwei der ins Berner Stadtparlament gewählten SVP-Kandidaten  als Berufsbezeichnung «Führsprecher» angeben?

«Führsprecher»? Echt jetzt?

Einer dazu hat gar noch für den Gemeinderat kandidiert (und ich möchte hier ausdrücklich betonen: es verbindet uns weder eine verwandtschaftliche noch sonst eine Bande)!

Lässt sich von falscher Schreibweise auf die Intelligenz des Verfassers schliessen? Wer weiss. Lässt sich von der Intelligenz des Verfassers auf die Intelligenz seiner Wähler schliessen? Natürlich nicht. Trotzdem dürfen wir uns wohl glücklich schätzen, dass es lediglich 2 Führsprecher in den Stadtrat geschafft haben.Hoffen wir, dass die zumindest lesen können, wenn’s beim Schreiben schon hapert. Ansonsten sehe ich düstere Zeiten auf und zukommen, wenn wir für die kommenden vier Jahre mit zwei Analphabeten im Parlament gestraft sind.

Wir werden sehen. Und da man nie so genau weiss, wann ein Dokument aus dem WWW verschwindet, hänge ich die Detailergebnisse Stadtratswahlen Bern 2016 (PDF) gleich an den Beitrag an. Damit sich der geneigte Leser und die geneigte Leserin selber von der mangelhaften Schreibweise überzeugen können. Auf Seite 12.

Undwer mir nicht traut, soll halt auf der Website der Stadt Bern nachschauen.

Gute Nacht.