Rhythmusstörungen sind nicht schlimm

Ich war heute mal wieder bei der Dentalhygienikerinnenbehandlung. Ich weiss ja nicht, wie’s meiner Leserschaft geht, aber mir behagt das jeweils gar nicht so sehr, wie man vielleicht annehmen könnte: es rattert im Gebiss und kreischt im Hörnerv, es zieht am Zahnnerv und am Ende bin ich vor lauter Verkrampfen ein riesengrosser Muskelkater. Dabei macht sie das wirklich gut, die Frau Dentalhygienikerin! Da gibt’s nichts auszusetzen, sie gönnt einem auch mal eine Verschnaufpause zwischendurch, zeigt Verständnis für das unangenehme Gefühl, das die Entfernung von Zahnstein an empfindlichen – weil freiliegenden – Zahnhälsen nun mal mit sich bringt, und sowieso kann sie die innere Sadistin hervorragend verstecken. Dass eine solche sie ist, davon gehe ich einfach aus, sonst hätte sie ja kaum einen Beruf gewählt, bei dem das Quälen von schlecht zähneputzenden Menschen der Hauptinhalt darstellt.

Ich brachte die Behandlung jedenfalls in gerade mal 30 Minuten hinter mich (schnell ist sie auch noch!) und erfreute mich des sauberen Gefühls beim Ertasten meiner frisch gereinigten Zähne mit der Zungenspitze (liebst du es auch, das Gefühl von Sauberkeit am Zahn, wenn du der Behandlung frisch entronnen bist? Es gibt kaum was besseres!), als ich mich bei der Bushaltestelle wartenshalber auf die Bank setzen wollte.

Ich hatte mich noch gar nicht gesetzt, da sah ich diesen Zettel:

Ein wenig Rhythmusstörungen

Als Schlagzeuger muss ich da aber vehement Widersprechen und aufs schärfste Protestieren! Rhythmusstörungen sind etwas vom Übelsten, was es gibt, gleich nach einen Pianopianissimosoloschlag auf der Röhrenglocke und einem 16tel-Lauf über drei Pauken.

Als Freund der deutschen Sprache und insbesondere komplizierter Fremdwörter (sogenannter Xenogramme?) freue ich mich aber ob des korrekt geschriebenen Rhythmus›.

Bitte umsteigen!

Also, da muss man der BLS schon ein Kränzchen winden. Kundeninformation ist hier ganz grosses Kino.

Ich sitze im Zug von Bern nach Spiez und habe mich bereits darauf eingestellt, daselbst umzusteigen, weil dieser Teil des Zuges nach Zweisimmen fährt, ich jedoch nach Adelboden möchte.

Da kreuzt die Kondukteuse auf und erkundigt sich bei jedem Reisenden, wo er hinreisen wolle, um jenen nach Zweisimmen Gerichteten mitzuteilen, aufgrund einer Verspätung fahre dieser Zug nach Kandersteg und sie müssten in Spiez umsteigen. Meiner Abteilsnachbarin radebrecht sie die Information sogar auf Französisch!

Einige Minuten vor Spiez erschallt eine Durchsage durch die Lautsprecher: Reisende nach Zwösimme in Spiez bitte umsteigen, der Zug wartet auf demselben Gleis in Sektor A. Zur Sicherheit wird das Ganze gleich nochmal wiederholt.

Kurz darauf kommt wieder die Kondukteuse vorbei und versucht, der alten Dame in meinem Nachbarabteil auf Französisch zu erklären, wo der Zug stehe, auf den sie umsteigen müsse. Als ihr dann nicht auf Anhieb einfällt, wie man «das gleiche Gleis» sagt, erbarme ich mich und zücke mein in Sekundarschule gelerntes und im Gymnasium perfektioniertes Französisch.

Ich muss zugeben: Bereits während der deutschsprachigen Durchsage hatte ich mir überlegt, wie ich diese Information in Französische Worte verpacken würde, und dieses geistige Selbstgespräch kam mir nun derart zupass, dass mir die Sätze nur so aus dem Mund quollen. Die Kondukteuse schien regelrecht beeindruckt von meiner Sprachkenntnis. Nun, dass ich dies nicht einfach so aus dem Stegreif herausplapperte, verschwieg ich natürlich.

Schlussamend wusste jedenfalls die alte Dame, wie sie wann wohin gelangen musste und verabschiedete sich beim Aussteigen höflich von mir.

Aber hier endet die Geschichte noch nicht, denn einige Minuten nach Einfahrt in Spiez marschierte ein weiterer Kondukteur durch den Zug und frug, ob noch jemand auf Zweisimmen wolle, und der müsste dann im Fall umsteigen. Offenbar hatten aber alle Fahrgäste bereits die vier vorhergehenden Hinweise beherzigt und die verbleibenden Reisenden waren tatsächlich allesamt in Richtung Kandersteg unterwegs.

Hey, wo gibt’s das sonst noch: Fünf Mal wird sich hier um die Gäste gekümmert, mitunter persönlich und in den kompliziertesten Fremdsprachen! Ich sage: Hut ab, Bravo und weiter so! Gut gemacht, BLS!