Zibeler

Zibelemärit 2012. Ich bin um 5 Uhr des Morgens auf der Pirsch und schlendere zwischen Ständen mit Zwiebelzöpfen und Konfettitüten umher.

Dass ich mich da nicht ewig beherrschen kann, dürfte wohl jedem klar sein, der mich nicht kennt, und so kaufe ich schliesslich einen mittelgrossen Sack Konfetti für einen Schnägg, was mir ein fairer Preis zu sein scheint.

So Konfetti, das fägt!
So Konfetti machen Spass!
So Konfetti bieten Anlass zu Heiterkeit!
Mit so Konfetti, da kann man Schabernack treiben!

Und so wandere ich also durch die Gassen, und paniere hie und da Leute, die’s verdient haben.

Mein Beuteschema ist relativ einfach gestrickt: zumeist bombardiere ich jene, die ebenfalls bewaffnet sind, so dass sich mitunter ein amüsantes Scharmützel entspinnen kann.

Aber gar so eindimensional bin ich auch nicht, dass ich nicht auch andere Leute ins Visier nehmen könnte, und so stehen bei mir auch jene hoch im Kurs, welche mit Anzug, Kravatte und Rollköfferchen unbeschadeterweise durchs Getümmel zu entkommen versuchen.

Gegen 8 Uhr 30 treffe ich auf einen – wie mir scheint – seriösen Geschäftsmann, der beim Anblick meiner Konfettitüte sein Heil in der Flucht sucht. Mit einen gequälten «Näi, näi!», welches ihn eindeutig als Zürcher (dis)qualifiziert, versucht er, mir zu entkommen. Ich denke mir aber «Moll, moll!» und treffe den Businessman mit einer vollen Ladung Konfetti mitten auf den Kravattenknopf.

DAS ist Zibeler! So muss es sein!

Hochwasseralarm!

Als plötzlich die Sirenen heulten, wurde mir bewusst, dass wohl doch irgend etwas im Gange war. Und tatsächlich: Schon kurz darauf kurvte eine Polizeipatrouille über den Platz und irgendwie wurde sie Stimmung unter dem Restaurantpersonal einen Tick hektischer. Wir blieben gelassen und genossen den Wein.

Aber der Reihe nach.

Der Projektabschlussevent gestern fand teils im Bowlingcenter unter der Monbijoubrücke statt und gipfelte mit dem kulinarischen Abschluss in Form eines Abendessens im Restaurant Schwellenmätteli.
Dass die Aare hoch stand, hatten wir bereits bemerkt, aber erst als die Sirenen heulten, begannen wir, das Spektakel so richtig zu schätzen. Wir bewunderten die flinken Feuerwehrmänner, welche Hochwasserbarrieren errichteten, wir staunten über die Polizei, welche mit Lautsprecherdurchsagen darauf hinwies, dass «e riesigi Wassermängi im Amarsch isch» und dass doch «bitte aui vom Ufer zrüggstah» sollen. Da wir auf der Restaurantplattform nicht wirklich am Ufer standen, sahen wir uns nicht veranlasst, der Aufforderung nachzukommen, sondern begaben uns ans Ende, wo man in die Matte und zu den Schwellen hinuntersieht, und dort schoss ich einige unglaubliche Bilder. Leider nur mit dem Apfeltelefon, aber immerhin. Siehe:

Passiert ist ja schlussendlich fast nichts, und so können wir die Geschichte unter einem gelungenen Abenteuer abbuchen.

Der Höllenritt

Eigentlich bin ich ja ein gemütlicher Mensch, dem langsamen Lebenswandel zugetan und kein Freund hektischen Hetzens. Alles, was schneller fährt als ein Velo, lehne ich mehr oder weniger ab, es sei denn, es fahre auf Schienen und nenne sich Zug. Wer mich kennt, weiss das.

Aber gestern, mich muss wohl der Teufel geritten haben, fand ich mich plötzlich in einer mir gänzlich ungewohnten Situation wieder, und ich muss zugeben, es hat sogar Spass gemacht. Aber der Reihe nach.

Wie es ab und zu vorkommt, fand gestern so ein geschäftlicher Abteilungsanlass mit Spiel, Spass und Spannung statt. Weil die Lokalität irgendwo im fernen Guggerland liegt (nämlich war es der Römerhof bei Aarberg), sahen sich die Teilnehmer gezwungen, irgendwie dorthin anzureisen. Anders als ich kam nicht jeder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern einige mit ihren Autos. Und weil Herr S. U. aus B., der gleich unter der Monbijoubrücke sein Domizil hat (dritte Tonne links, meistens prasselt ein lustiges Feuerchen darin), nun mal keinen VW Passat fährt und auch keinen Opel Kadett, sondern einen orangefarbenen Lotus Elise, befand sich also auch dieses Geschoss bei den Parkplätzen.

Denn Herr U., gar nicht kluge,
reiste leider nicht im Zuge.

Um es kurz zu machen: In dem in meinem Inneren tobenden Kampf zwischen grünem Gewissen und geschwindigkeitssüchtigem Lausbuben obsiegte der Lausbub, und ich schaffte es mit gekonnter Rhetorik, Herrn U. zu einer Spritzfahrt zu überreden, bei welcher ich natürlich nur als Beifahrer fungierte, obzwar ich es mir selbstverständlich zutraue, ein Auto zu lenken, nur leider ist mein Lernfahrausweis vor guten 10 Jahren abgelaufen.

Holladiewaldfee! Das ging ziemlich ab! Ich bekundete zwar grosse Mühe mit dem Besteigen des Gefährts, aber als ich mich endlich häuslch eingerichtet hatte, ging’s los, und ich glaube, ich quiekte wie ein junges Schulmädchen auf dem Riesenrad oder ein Ferkel auf der Schlachtbank, als der Motor röhrte und die Reifen quietschten und wir mit gefühlten 350 km/h durch Maisfelder und Auenwälder schlingerten.

Meine Frisur war nach der Fahrt jedenfalls gehörig zerzaust – die Elise war nämlich ohne Verdeck unterwegs gewesen – und meine Knie zitterten einen wilden Foxtrot, was wohl an der ungewohnt hohen Dosis Adrenalin gelegen haben mag.

Ich danke Herrn U. jedenfalls für den Höllenritt. Hat höllischen Spass gemacht. Und nun habe ich mein Soll an Benzinverbrauch auch für die nächsten 10 Jahre gedeckt und habe also eine wunderbare Ausrede, die Führerscheinprüfung auch fürderhin nicht zu machen.

Und weil’s so schön war, hier noch ein Bildchen, das ich im grossen, weiten Internetz gefunden habe:

Lotus Elise in orange

Fünf Jahre Baldachin

Fünf Jahre ist es her, seit die Arbeiten am neuen Bahnhofplatz begonnen haben, etwas mehr sogar. Ich weiss das deshalb so genau, weil ich exakt heute vor fünf Jahren begonnen habe, die Bilder der am Bahnhofplatz installierten Webcam abzugrasen und zu speichern. Das erste Bild, das ich damals speicherte, datiert vom 12. Juni 2007, 15:58:05. Es sind darauf noch die alten Tramwartehäuschen zu erkennen, die hässlichen mit Flachdach. Ja, das waren noch Zeiten …

Ich nehme dieses Fünfjahresjubiläum zum Anlass, auf meine gesammelten Bilder aufmerksam zu machen. Finden tut man die unter bahnhofplatz08.friedli.info, jedenfalls die aus dem Jahre 2007. Das Jahr 2008 befindet sich momentan noch auf bahnhofplatz08.fritteli.ch, wird aber nach und nach auf den um Klassen schnelleren friedli.info-Server gezügelt.

Hey, und wenn ich Zeit finde, erstelle ich einen Zeitrafferfilm und lade den hoch – das wird ein Gaudi!

Eines Wintermorgens im Tram: Pulverschnee

Lieber Leser, liebe Leserin, lasse mich Dir berichten, was ich vor wenigen Tagen erlebte, als ich mit dem Tram zum Bahnhof fuhr.

Es war schon später am Morgen, hatte ich doch ein wenig verschlafen. So bestieg ich also um ca. 8:40 Uhr beim Weissenbühl das 3-Tram, setzte mich ins Viererabteil am Ende und liess mich chauffieren. Um der Langeweile während der mir bereits wohlbekannten Tramfahrt ein wenig entgegenzuwirken, zückte ich mein Intelligenztelefon und jasste mir einen Differenzler, weil der schneller vorbei ist als ein Schieber und die Tramfahrt zum Bahnhof ja lediglich 8 Minuten dauert.

So befand ich mich denn ins Spiel vertieft (es lief so gut wie noch nie! Heimatland!), als beim Hasler eine junge Dame mit ihrem Tretroller einstieg und sich schräg vis-à-vis von mir hinsetzte. Die junge Frau war dermassen nervös und offenkundig nicht ganz wohl, dass sie sich wohl verpflichtet fühlte, sich bei mir zu entschuldigen. «Oh, scho guet, nüt passiert», erwiderte ich, gewohnt freundlich, und jasste weiter.

Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass die junge Dame in ihren Taschen zu kramen begann, auf Sitz und Ablagefläche eine regelrechte Auslegeordnung ihrer Habseligkeiten darlegte und dabei so gestresst und nervös wirkte, wie nur ich es vor meiner mündlichen Mathematikprüfung an der Uni gewesen sein konnte. Allenthalben nestelte sie an irgendetwas herum, begann dann aus Papier irgendetwas zu fabrizieren und veranstaltete jedenfalls eine derartige Höllenkomedi, dass ich mich zwischen Kocherpark und Hirschengraben nicht mehr beherrschen konnte und endlich einen Blick auf das warf, was die Person da eigentlich am tun war.

Mich traf der Schlag.

Beinahe jedenfalls, denn sonst könnte ich ja nicht mehr davon berichten: Das fabrizierte Ding aus Papier entpuppte sich als Röhrchen, und just als ich meinen Blick von den Jasskarten ab- und der Dame zuwandte, zog sie sich damit eine feinsäuberlich dargelegte Linie weissen Pulvers geräuschvoll in die Nase.

Um 8:46 Uhr. In Bern. Im Tram. Vor meinen Augen.

Etwas baff versuchte ich, mich wieder auf meinen Jass zu konzentrieren, der irgendwie nicht mehr so recht in Gang kommen wollte. Wie die Frau ihr Zeug zusammenpackte und am Bahnhof merklich beruhigt ausstieg, nahm ich zwar wahr, war aber in Gedanken schon einen Schritt weiter. Hatte ich richtig gehandelt? War es gut, ihr Tun zu ignorieren? Hätte ich sie darauf ansprechen sollen?

Ich kam zum Schluss, dass ich sie entweder auch um eine Line hätte bitten sollen, oder aber ganz unabsichtlich mittels Höllennieser den Stoff in alle Winde hätte verblasen sollen. Beim nächsten Mal probiere ich das mal aus. Ich freue mich schon ein wenig.