Enttäuschendes und berauschendes SJO

Eine gewisse Traurigkeit umfängt mich, da ich in die Tasten greife um diese Worte zu schreiben. Obzwar – Traurigkeit ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck für meine momentane Gefühlsverfassung, Enttäuschung trifft es wohl eher. Ich will dir sogleich den Grund hierzu nennen.

Ich war, wie es sich für einen anständigen Montagabend gehört, wieder im Huerebibeli zu Gast, heute war Gala-Night mit Marianne Racine, die rassig gesungen und mich regelrecht in Verzückung versetzt hat. Sie kann also nicht der Grund für meine Gemütsschwere gewesen sein. Vielmehr war es die Ansage vom begnadeten Till Grünewald. Wir erinnern uns an letzte Woche: Philip Henzi solierte auf dem Piano, weil das Geld für eine Steel Drum fehlte. Ich erbarmte mich und zahlte zehn Fränkli mit dem Vermerk «Steeldrum Henzi» ein.

Nun zurück zu heute Abend: Der – wie gesagt – begnadete Till Grünewald machte sinngemäss folgende Ansage: «Am Piano dr Philip Henzi! … Es fröit is übrigens bsunders, dass letscht Wuche öpper uf üses Konto mit em Vermerk «Steeldrum Henzi» yzaut het. […]»«Öpper»! Beschämend. Da habe ich derart grossartige Werbung gemacht, es waren letzte Woche derart viele Leute anwesend, und ich soll der allereinzigste gewesen sein, der etwas eingezahlt hat? Beschämend.

Dafür aber erlebte ich eine grosse Überraschung. Und zwar spielte seit langem wieder mal eine Frau den Barifön, will sagen: Das Bariton-Saxophon. Ich hatte ja Anno XXVII einmal postuliert, Bariföne würden stets und ausnahmslos von Frauen gespielt. Zwischenzeitlich hätte ich diese Aussage revidieren müssen, kann man doch Marc Schödler beim besten Willen und allem Respekt nur mehr schlecht als recht als Frau bezeichnen. Heute aber hätte meine damalige Aussage voll ins Schwarze getroffen. Bereits im ersten Stück hatte sie ein Solo, diese Frau am Fön. Obligaterweise wurde sie danach mit Namen vorgestellt und ich staunte nicht schlecht, als ich «Corinne Windler» gehört zu haben glaubte. «Corinne Windler, dasch doch die vo X-elle schoss es mir durch den Kopf, und tatsächlich: Google bestätigt es mir. Nun werde ich also am kommenden 2. November im ONO gleich nochmal in den Genuss ihres Spiels kommen. Obschon ich mich dann eher auf Valeria zu konzentrieren gedenke.

Geschorener Posaunist und verhinderter Steeldrummer

Aah – endlich war heute wieder mal Schweizer-Synkopenmusik-Orchester-Zeit, sprich: Zeit fürs Swiss Jazz Orchestra im Huerebibeli, wie es sich für einen richtigen Montagabend gehört. Groove Night war angesagt, und ich setzte mich erwartungs- und auch ansonsten einfach froh in den Saal.

Als die Band zu spielen begonnen hatte, ging ich, wie ich es immer zu tun pflege, im Geiste die Bandmitglieder mit Namen durch. Klar, dass ich mir nicht alle Namen ins Gedächtnis rufen konnte, aber zumindest die Gesichter kamen mir allesamt bekannt vor. Doch halt – bei den Posaunen geriet ich ins geistige Stolpern! Da sass, hübsch eingebettet zwischen Monsieur Lachat und Herrn Zumstein, ein mir gänzlich unbekannter Kopf (mit Mann und Posaune dran)! Wo normalerweise Andreas Tschopp und vorletzte Woche Nina Thöni sitzen sollte, spielte hier ein bebrillter Chruselchopf auf einer schon älter wirkenden Posaune, den ich migottstüüri noch nie in diesem Ensemble gesehen hatte.

Aha, nun hatte dieser junge Mann allem Anschein nach ein Solo, denn er begab sich zum Mikrophon vorne am Bühnenrand. Und schon begann er zu spielen. Und wie der spielte! Als ob der Leibhaftige hinter ihm her wäre! Er zog und stiess am Posaunenzug, dass es keine Gredi mehr hatte, er pustete sich die Lunge wund und errötete im Gesicht, dass ich schon meinte, ein Totemügerli habe ihm mit dem Flarzyse den Stirz vermöcklet! So konnte eigentlich nur einer auf dieser Welt spielen, derart tschoppte es! Aber das konnte ja nicht sein, denn dieser eine hat ja, wie ich natürlich wusste, langes, zu einem Rossschwanz gebundenes Haar. Es musste sich hierbei also zweifelsfrei um eine Verwechslung handeln.

Jedoch – mitnichten, wie sich herausstellen sollte! Wie es sich nämlich gehört, wurde der Solist nach dem Stück vom obligaten Ansager des Abends, Till Grünewald, namentlich erwähnt, und siehe da: «Andreas Tschopp» lautete der Name desselbigen. Fürwahr ein Zeichen dafür, dass ich letzte Saison entschieden zuviele Absenzen zu verzeichnen hatte.

Und zum Schluss noch dies: Philip Henzi, begnadeter Pianist, Kompositeur und Arrangeur des Swiss Jazz Orchestras, wäre heute Abend fast zu einem Steel-Drum-Solo gekommen – wenn sich das SJO doch nur eine Steel Drum leisten könnte! Damit an künftigen Konzerten ein Steel-Drum-Solo nicht mehr an der Absenz des Instrumentes zu scheitern braucht, existiert ein Konto, auf welches mit dem Vermerk «Steeldrum Henzi» ein jeglicher Geldbetrag herzlich willkommen ist. Ich selber habe trotz herrschender Finanzkrise mein Scherflein in Form von 10 Franken beigetragen. Und zwar auf das Postkonto 30-677787-8. Kein Witz. Echt wahr. Tu’s auch. Dann kann ich vielleicht in Bälde schreiben, wie virtuos Herr Henzi mit Stahltrommeln umzugehen weiss. Es würde sich bestimmt lohnen.

Auf zur sechsten Saison!

Das Warten hat ein Ende, morgen geht’s wieder los: Ab morgen gibt’s am Montagabend jeweils wieder etwas zu hören, denn morgen startet das Swiss Jazz Orchestra in seine sechste Saison. Jim McNeely wird, so erzählt es die Website, am Piano sitzen, und da ich diesen Jim überhaupt nicht kenne, bin ich gespannt, was er zu bieten hat.

Konzertstart um 20 Uhr in Huerebibeli. Wer kommt mit?

Die SJO…sterpause ist vorbei!

Heute hat es sich wieder mal gelohnt!

Nicht nur, dass wieder einmal fast die Standardbesetzung des SJO spielte, nein, es war auch ein Special-Guest zugegen. «Dr eigentlech Specialguest vom hüttige Abe, dr Alex Hendriksen, cha leider nid da sy», kündete der Till an, der löblicherweise die Ansagen mit gewohntem Witz übernahm. Der Alex bekomme nämlich heute Abend sein zweites Kind und sei deshalb verständlicherweise lieber in Basel geblieben. Aber keine Angst, man habe weder Kosten noch Mühen gescheut, fürs zweite Set einen ebenbürtigen Musiker einzuladen, den man heute Nachmittag um fünf organisiert habe, vorerst aber müssten wir noch mit «Klaus Widmersen» vorlieb nehmen, der im nächsten Stück ein Solo habe. Etwa so ging das von statten, der Klaus Widmer(sen) solierte, die obligate Pause kam und ging, und tatsächlich tauchte zu Beginn des zweiten Sets ein wohlbekannter Gast auf: Kein Saxophonist, sondern der belgische Zäpfentrompeter Bert Joris betrat die Bühne.

Dass er erst zwei Stunden vor Konzertbeginn angefragt worden sei, wie er versicherte, glaubte man ihm sofort: Offenbar hatte er sein Haus derart überstürzt verlassen müssen, dass es ihm bloss gereicht hatte, seine Trompete einzupacken – nicht aber Dämpfer oder Noten. Der Siebensiech spielte tatsächlich alles auswendig, und nicht ein falsches Tönlein entsprang seinem Horn. Sogar die schwarze Chutte hatte er sich bei irgendjemandem borgen müssen. Und dass Orchester und Solist das Programm wohl nicht allzu ausgiebig zusammen geprobt hatten, merkte man an der einigermassen improvisierten Choreografie: Da vergingen schon mal gut und gerne acht Takte, bis man sich endlich darauf geeinigt hatte, dass ja sowieso wieder Bert das Solo spielen würde. Und im letzten offiziellen Stück, da wurde während dem Solo von Adrian Pflugshaupt in der Band munter diskutiert und gestikuliert, wer nun als nächtes solieren solle, und die Trompeter hinten wedelten mit ihren Armen, was ein Schlagzeugsolo andeuten sollte, und so kam ich denn gegen Ende des Stückes noch so richtig auf meine Kosten. Jedenfalls kam nicht nur auf der Bühne, sondern auch bei mir wieder mal so richtig Freude auf.

Ja, es hat sich wieder mal gelohnt! Gute Nacht!

Gala-Night

Fly Me To The Moon, Fever, My Funny Valentine, You Might Need Somebody, Cry Me A River und wie sie alle heissen, diese zeitlosen Klassiker … heute hat es sich wirklich wieder mal gelohnt, ins Bierhübeli zu gehen!

Wenn man nun noch die Stimme und Energie von Sibylle Fässler mit dem Gesangsstil von Daniela Sarda kombinieren würde, dann hätte man wahrscheinlich die perfekte Sängerin.