Mir wüsse o nid, werum mir das mache!

Gestern war ich in der Stadt, wollte gerne nach Hause und wartete hierzu am Hirschengraben aufs Tram Numero III. Nach zweiminütiger Wartezeit meinerseits traf ein solches Exemplar ein und behielt seine Türen beharrlich geschlossen. Geduldig, wie ich nun einmal bin – wer mich kennt, weiss das – geduldete ich mich und wartete darauf, dass man mich einsteigen liesse. Jedoch strömten nach Türöffnung alle Menschen aus dem Tram heraus, eingelassen wurde niemand mehr. Ein Bernmobilmitarbeiter stellte derweil die Weiche um, so dass das Tram beim weiterfahren nicht Richtung Weissenbühl, sondern zurück zum Bahnhof davonrauschte. Jä guet, dachte ich mir, wird wou scho sy Grund ha, näme mr haut ds Nächschte. Ich liess Tram Numeri V und IX vorbeiziehen und freute mich, als wieder ein III-er in Anfahrt war.

Doch was musste ich feststellen? Wieder das gleiche Spiel: Weiche stellen, Leute raus, Tram zum Bahnhof. Da jagte es mir den Nuggi raus, was mir nur in äussersten Grenzsituationen passiert, bin ich doch ein derart lammfrommes Gemüt, dass ich mich manchmal ab mir selbst wundern muss. Ich schritt erzürnt von dannen und entschied, mich vom Bus Numero X zum Eigerplatz chauffieren zu lassen.

Bei der Loeb-Haltestelle standen zwei Bernmobilmitarbeiter, denen ich mein Leid zu klagen begann: Ich hätte am Hirschengraben aufs Drüü gewartet, aber die seien alle falsch abgezwogen und ob sie mir sagen könnten warum, und dass man keine Informationen erhalte sei doch eigentlich nicht so nett und überhaupt was denn los sei! «Ja, da hättet dr eifach no chli müesse warte, itz chöme de grad Ersatzbösse!» Mercischön, das hätte einem auch früher gesagt werden können. «Was los isch wüsse mr o nid, d Polizei het d Bäupstraass gsperrt.» Gratuliere. Belpstrasse gesperrt, dabei weiss ich doch nicht mal, wo die ist!

Der Bus kam, ich stieg ein.

Wo die Belpstrasse liegt, erkannte ich spätestens, als ich beim Eigerplatz ausstieg. Es wimmelte von Polizisten in blauen Uniformen oder orangenen Übergewändern, und ich entschied, mich nach der Ursache des Trubels zu erkundigen. Auf meine Frage «Was isch de passiert?» wusste einer dieser unmotiviert in der Gegend stehenden Ordnungshüter bloss zu sagen: «Das wüsse mr o no nid.» Zugegeben: Da habe ich wohl ein bisschen dumm aus der Wäsche geguckt. Ein «Das darfi nech nid säge» hätte ich ja noch halbwegs verstanden, aber dass die Polizei Strassen absperrt, ohne zu wissen, weshalb, das war mir neu.

Nach einigen Sekunden hatte ich meine Verwunderung überwunden und frug: «Jää … de schperret dir eifach Strasse ab, ohni z’wüsse, werum?»«Ja!» kam zur Antwort.

Ich verkniff mir die Frage, wie oft die Polizei derart kopflos agiere und hielt es für besser, mich zu verziehen. Wer weiss, plötzlich kommt er auf die Idee, mich zu verhaften – ohne zu wissen, weshalb!

Sollte einer meiner geschätzten Leser, oder sogar eine meiner geschätzten Leserinnen, wissen, was wann wo warum geschehen ist, so möge er oder sie doch einen Kommentar hinterlassen! Mich wundert nämlich!

Das Portemonnaie

Er hat herzlich gelacht heute, der roefe, als er mein altgedientes Portemonnaie gewahrte. Er erinnerte sich, es schon einmal von mir gezeigt bekommen zu haben, und fragte nach dem Loch. Ich wusste sofort, dass er nur das Loch im Münzfach meinen konnte, dessentwegen ich seit Jahren meine Münzen im Hosensack zu verwahren genötigt bin, und demonstrierte ihm gerne, wie man dort durchschauen kann und mit dem Finger grübeln. Als Antwort zog er lediglich stolz sein nigelnagelneues Portemonnaie hervor und präsentierte es auf dem Tisch: Frisch im Loeb gekauft habe er es, aber so sechzig, siebzig Franken müsse ich dafür schon rechnen.

Dini Mère rechne ich soviel Geld für ein popeliges Portemonnaie, ich will das Geld ja reintun und wie dem Mani Matter soll es mir denn auf keinen Fall ergehen, dass ich am Ende bloss mit einem leeren Gabatruckli dastehe, nur weil ich Unsummen in ein Geldaufbewahrungsbehältnis investiert habe, nei merci!

Trotzdem machte ich auf dem Heimweg noch einen Abstecher in den Loeb. Denn neidisch war ich geworden auf roefes Errungenschaft, und wollte endlich meinem alten Geldsäckel den wohlverdienten Ruhestand gönnen. Ich weiss gar nicht mehr, seit wann er seinen Dienst verrichtet, aber lange, lange ist’s jedenfalls her, seit ich ihn mir zum ersten Mal in die rechte Gesässtasche schoppte. Ich wurde aber nicht so recht fündig im Loeb, und versuchte deswegen mein Glück noch in der Marktgassemigros, jener Migros, wo ich schon mindestens drei Mal nach einem neuen Portemonnaie Ausschau gehalten hatte, mich bis jetzt noch mit keinem wirklich anfreunden konnte.

Bis jetzt.

Denn heute ist es geschehen, ich habe ganze neununddreissigfrankenneunzig in jenes Portemonnaie investiert, das mir nun während der kommenden zehn Jahre die rechte Füdlenbacke wärmen darf. Zur Feier des Tages habe ich wieder mal ein, zwei wunderschöne Papparazzofotos in gewohnt bestechender Qualität geschossen, die meinem ausgedienten Portmöneh nun zu uneingeschränktem Ruhm im Weltweitennetz verhelfen werden, denn siehe, hier ist es, das Alte:

Mein altes Portemonnaie, mit Klebeband geflickt

Und noch eins, hier mit Innenleben:

Aufgeklappt sieht’s nicht viel besser aus

Und zum Abschluss gönne ich dir, Leser, Leserin, noch einen Blick auf das Loch:

Hier flutschte schon so manche Münze hindurch

Fertig. Gute Nacht.