Wer des Genitivs Genick bricht

Ich kann es nun mit Gewissheit sagen: Es ist die schulische Ausbildung – präziser: die Ermangelung ebenjener – welche dem Genitiv das Genick bricht, oder, um sich gleich seiner zu bedienen: des Genitivs Genick bricht. Wie ich auf diese gewagte These komme? Ganz einfach: mittels Beweis. Siehe, welch trauriges Exemplar eines Arbeitsblattes der mittlere Spross der Familie nach Hause brachte:

Man kann nun argumentieren, dass mit «eines» ein lupenreiner Genitiv eingeleitet werde. Daran habe ich auch gar nichts auszusetzen. Dass aber dann ein ebenso lupenreines Deppen Leer Zeichen die ganze Überschrift zu einer Lachnummer verkommen lässt, ich nicht mehr abzustreiten. Für mich ist es sogar eher eine Weinnummer denn eine Lachnummer, und ich spreche hier natürlich nicht von Cabernet-Sauvignon, Shiraz oder Bordeaux, sondern von den bitteren Tränen eines zutiefst vergrämten Anhängers korrekter Grammatik.

«eines Ernährung Kreises» wird einem unbedarften Erstklässler im Kanton Bern allen Ernstes zugemutet? Wie soll das arme Kind denn jemals richtiges Deutsch lernen? Ich schüttele den Kopf, und dies nur, weil es mich am ganzen Körper schüttelt. Naja. Dann muss der arme Bub halt von seinem Vater erfahren, wie man richtig schriebe.

6 thoughts on “Wer des Genitivs Genick bricht”

  1. Lieber Fritteli

    Immer schön, von dir zu lesen – die ganzen letzten 16 Jahre, und wenn ich mich richtig erinnern kann, auch schon vorher 🙂 …
    Ich selbst bin kein Kind guter Rechtschreibung, deshalb habe ich folgende Frage an meine künstliche Intelligenz des Vertrauens gestellt:

    «Ist: einem unbedarten Erstklässler korrekt?»
    Die Antwort lautete wie folgt:
    «Es scheint, dass es sich um einen Rechtschreibfehler handelt. Die korrekte Formulierung lautet wahrscheinlich «einem unbedarften Erstklässler». «Unbedarft» bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Erstklässler naiv oder unerfahren ist.»

    Viele Grüsse Dänu

  2. Schon lustig, welche Haken der morgendliche Surf-Weg schlagen kann: Auf der Suche nach dem Arbeitsprofil einer Freundin, die beim Lehrmittelverlag Klett und Balmer arbeitet, erscheint in LinkedIn als erster Beitrag Frittelis Elegie über des Genitivs Niedergang. Welch gutes Gefühl, wenn man wohlinformiert in den Tag startet!

    Mit Interesse gelesen ward die Problematik sogleich mit einer nicht ganz zufällig am Frühstückstisch anwesenden Fachperson besprochen. Deren wohldifferenziertes Urteil möchte ich dem Autor und der Leserschaft nicht vorenthalten: Bei der Problemidentifikation scheint es sich hier zumindest teilweise um eine Fehldiagnose zu handeln. Des Genitivs Integrität ward nicht beschnitten, ist doch «Gestaltung eines Kreises» ein makelloser Satz. Der Fehler liegt – ausschliesslich – im Unwillen (oder der Unfähigkeit) zur Verwendung zusammengesetzter Substantive – wahrlich auch eine Unsitte, über die man sich mit dem Autoren famos echauffieren kann.

    Und um den Kreis zu schliessen: Ich hotte, dass zitiertes Arbeitsblatt nicht einem Lehrmittel von Klett und Balmer entnommen war – sonst lass es mich wissen, ich hätte dort einen Kontakt, der für Remedur sorgen könnte…

    1. Lieber Sidi, ich gebe dir natürlich vollkommen recht, dass hier nicht ein falsch eingesetzter oder fehlender Genitiv Stein des Anstosses ist. Man könnte den Titel des Beitrages durchaus als klickköderhaft bezeichnen (der Anglosachse spricht in diesem Zusammenhang gerne von «clickbait»). Mir gefiel aber die Alliteration von «Genitiv» und «Genick». Die Verwendung «Leerzeichen» und «zusammensetzen» tönt in meinen Ohren einfach weniger knackig.
      Und: Das Arbeitsblatt stammt nicht von Klett und Balmer. Trotzdem ist es gut zu wissen, dass ich nun einen – wenngleich indirekten – Zugang für Korrekturen dorhin habe 🙂
      E guete Rutsch!

      1. «Klickköder», sehr schön! Der Begriff lässt sich vermutlich auf das «Vademecum zur Betrugsvermeidung» der PTT Telekom, Ausgabe 1992, zurückverfolgen.

        Aber dass die Präzision auf dem Altar der griffigen Überschriften geopfert wird, gibt mir ob der Ausrichtung dieses Magazins doch chli zu denken… Wie wär’s mit «Lehrers lästige Leerschläge», «Lückenhafte Pädagogik», oder als Eilmeldung:
        +++ Ernährung an Schule falsch zusammengesetzt – nehmen Kinder Schaden? +++

        Wie dem auch sei, Euch allen herzlich Esguetsnöjs!!

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