Das Kreuz mit der fremden Sprache

Wie frustrierend das mit den Fremdsprachen doch sein kann! Da stehe ich also in Locarno beim Lido am Glacestand und will mir ein Eiscrème kaufen. Ein Cornet mit zwei Geschmäckern, Tiramisù und Haselnuss, im Idiom der indigenen Bevölkerung Nocciola genannt.

Wenn ich gedenke, in einem Laden in einer mir fremden Sprache einen Einkauf zu tätigen, dann überlege ich mir stets im Voraus meine Wortwahl sehr genau: Ich drehe und wende den Satz im Gehirn hin und her, durchforste meinen Wortschatz nach der passenden Formulierung und komme so schlussendlich zum Satz, der mein Begehr optimal beschreibt.

Im konkreten Fall hörte sich das so an, als ich an die Reihe kam:

Buongiorno, mia cara signora, ho volia di mangiare un gelato. Per questo sono venuto da Lei per comprare il miglior gelato del mondo. Infatti, prendo un cono con due palline; una tiramisù e una nocciola, per favore.

Offensichtlich wohnt mir sogar im Italienischen die Eloquenz inne, ganz zu schweigen von meinem originalgetreuen Akzent, der mich als waschechten Italiener qualifiziert. Umso enttäuschter war ich dann, als mich die Signora nach der ersten Kugel fragte (und ich zitiere wörtlich):

Was händ si als zwäiti Chugle welle?

Ma che casino! Wieso spricht die jetzt plötzlich lupenreines Züritüütsch mit mir? Habe ich sie etwa nicht eloquent genug angesprochen? Hätte ich stottern sollen: «Eh, tschau, io tschelati? Tiramissu, notschiohla, grahzie.» Wäre das besser gewesen? Ich ziehe jedenfalls meine Lehren daraus: Eisverkäuferinnen am Lido in Locarno verdienen meine Eloquenz nicht.

Und zum Schluss noch dies: Wer zu Beginn monieren wollte, ein indigenes Volk sei per definitionem marginalisiert, der mag jetzt wohl anerkennen, dass offensichtlich die italienisch-sprachige Bevölkerung von den Deutschschweizern arg in Bedrängis gebracht ist.

Frühmorgens im Tram

Wie wird man am schnellsten wach, wenn man um 5:38 Uhr (morgens!) nach einer nicht allzu langen Nacht ins Tram steigt, weil man schon um sieben Uhr in Luzern sein muss? Ganz einfach: Man stolpert in ein Spinnennetz (im Tram!) und merkt es erst, wenn’s im Gesicht gramüselet. Spätestens sobald man realisiert hat, dass einem da eine Spinne über das Antlitz spaziert, schiesst der Adrenalinspiegel derart in die Höhe, dass jedwelche Müdigkeit verflogen ist.

So geschehen heute Morgen. Ich bin jetzt noch ganz wach davon.

Von der Auflösung alten Armeematerials

Heiligabend Anno Domini MMVIII, also zwotausendundacht, nahm ich mir vor, das Guggershörnli zu besteigen. Wohl zuletzt bestiegen hatte ich diesen Hoger in der ungefähr fünften Klasse, es war also wieder mal höchste Zeit.

Dass es nun annähernd vier Jahre gedauert hat, den Vorsatz in die Tat umzusetzen, hat einen mir unbekannten Grund, weshalb ich verständlicherweise auch nicht darlegen kann, warum ich den Aufstieg nicht schon viel früher unter die Hufe genommen habe. Jedenfalls waren letzten Sonntag sowohl Gelegenheit als auch Wetter hervorragend, das Versäumnis endlich aus der Welt zu schaffen.

Nach einer Stunde entspannten Reisens waren wir wohlgemut in Plaffeien angekommen und nahmen den Weg nach Guggisberg in Angriff. Da ich keine Wanderschuhe besitze, hatte ich – wie immer, wenn ich wandern gehe – meine Armeestiefel geschnürt und stapfte vergnügt in diesem bequemen Schuhwerk über den weichen Waldboden.

Nach circa zehn Minuten Fussmarsch hatte ich plötzlich das Gefühl, es habe sich an meiner Schuhsohle ein Dreckklumpen angepappt, irgendetwas schlabberte nämlich an meinem linken Schuh und wollte sich auch von penetrantem Beineschütteln nicht loswerden lassen, und so warf ich schliesslich einen Blick nach unten und gedachte, die Sache in Ordnung zu bringen.

Was ich sah, liess mich jedoch verwundert die Augen gross machen: Da war kein Dreck am Schuh. Genau genommen war da eigentlich noch viel weniger als Dreck – zum Beispiel keine Sohle mehr.

Das heisst, nicht ganz: Die Sohle war schon noch da. Aber nur noch an der Spitze mit dem restlichen Schuh verbunden. Der hintere Teil wippte bei jedem Schritt wie wild auf und ab, und vermittelte mir beim Gehen das Gefühl, als marschierte ich über ein Trampolin.

Ein starkes Stück! Und das sollen nun Armeeschuhe sein? Kriegstauglich? Kampferprobt? Gefechtswillig? Den Soldaten möchte ich sehen, der dem bösen Feind mit fliegenden Sohlen entgegenstürmt! Eine Frechheit ist es, uns armen Wehrpflichtigen solch ein Gelump anzudrehen!

Ich wollte mich aber nicht erzürnen, sondern den Tag geniessen, und nahm’s mit Humor. Was wollte ich auch sonst tun? Schliesslich waren wir erst kurze Zeit unterwegs, und so schlimm würde es schon nicht sein, mit einer losen Sohle das Guggershorn zu erklimmen.

Fünf Minuten später verabschiedete sich auch die rechte Sohle. Nun flip-floppte es definitiv bei jedem Schritt, ich hätte am Strand eine tiptoppe Figur abgegeben, aber über Stock und Stein zu wandern, das geriet nun definitiv zum Abenteuer. Auf flachem Untergrund mochte es ja noch gehen, aber sobald wir den Gipfel erreicht hatten und ich die Treppe hinauf erklomm, merkte ich, dass mit labbrigen Sohlen nicht gut treppensteigen ist. Trotzdem überstand ich den Ausflug ohne Hals- oder Beinbruch, und darauf bin ich ganz schön stolz. Nicht jeder kann von sich behaupten, mit losem Schuhwerk auf dem Guggershörnli gestanden zu haben!

Und weil ich der Nachwelt nichts vorenthalten will, hier zwei Bilder:

Mit diesem Schuh ist nicht mehr gut wandern.
Der Rechte löste sich sogar noch mehr auf

Löst sich also mein Material bereits auf, bevor ich’s abgegeben habe! Vrruckt, weme dänkt!

Einen hübschen Gürtel aus Rosen

Eine Gürtelrose also. Fachbegriff: Herpes Zoster. Der Fall sei sonnenklar. Da müsse man jetzt abwarten und könne mit einer Schütteltinktur den Juckreiz lindern.

«Schütteltinktur»! Schon alleine dieses Wortes wegen hat sich der Anruf gelohnt! Und «Herpes Zoster»! Wow!

Gesagt hat obige Weisheiten nämlich die Frau Doktor am Medizinertelefon und zugehört habe ich. Mit meinem Krankenkassenmodell bin ich verpflichtet, vor Ärztekonsultationen zuerst zum Hörer zu greifen und telefonisch meine Bobochen und Wehwehchen zu schildern, was ich heute Morgen getan habe, nachdem ich hatte feststellen müssen, dass sich der rote Ausschlag am Rücken einen weiteren, kleinen Ableger unter der linken Schulter zugelegt hat, und weil ich nicht sicher war, ob da nicht vielleicht bald einmal ein Alien aus mir heraus bricht, suchte ich fachmännischen – in diesem Falle eher: fachschfräuischen – Rat am Telefon und stelle soeben fest, dass dieser Satz bedrohlich lang zu werden scheint, weswegen ich ihn jetzt mit einem Punkt abschliesse.

So eine Gürtelrose, wurde ich belehrt, die könne bei Leuten, welche die Spitzenblateren hinter sich haben, einfach mal so ausbrechen, wenn es ihr gerade passe, und offenbar hat sich meine Gürtelrose vor einer knappen Woche dazu entschlossen. Und seit heute hat sie sogar einen Namen.

Ich tinktiere jedenfalls die juckenden Stellen nun mit meiner Schütteltinktur (welch ein Wort!) und hoffe, dass sich die zwei munzigen Fleckchen nicht etwa derartig ausweiten.

Gute Besserung. Danke.

Eine Auszahlung

Wie archaisch! In Zeiten von Einzahlungsschein, E-Banking und effizienter Überweisung bekomme ich doch tatsächlich vom Militär einen Check! Matter hatte also doch recht. Du erinnerst Dich bestimmt, worum’s ging.

Ich wusste ja gar nicht, dass es sowas gibt. Es nennt sich «Auszahlungsschein» und ist auch nicht orange, wie ich das von den Einzahlungsscheinen gewohnt bin. Und weil dies wahrscheinlich die letzte Gelegenheit in meinem Leben ist, jemals so ein Kuriosum von Nahem zu sehen, will ich es hier verewigen:

Mein Auszahlungsschein über CHF 199.50

Und jetzt husche ich zur Post und schaue, ob das klappt mit dem Auszahlen. Wünsch› mir Glück!