Eine regenbedingte Zwangspause

Da habe ich mich mit Ach und Krach vor dem ersten zümpftigen Sommergewitter dieser Saison ins Fähribeizli an den Schärmen retten können, und schon werde ich allenthalben gesiezt: Der Kellner, der mir das nunmehr dritte Müntschi darreicht siezt mich, ein anderer Hündeler siezt mich, und wohl würde mich sicher auch die Situation als solche siezen, könnte sie denn sprechen.

Woran mag das wohl liegen? Wohl sicher nicht an meinem Äussern, habe ich mir doch heute vom Frisör extra noch einen schnittigen Schnitt verpassen lassen. Jedoch … präzis mit meinem Haupthaar mag es in Zusammenhang liegen: noch nie gewahrte ich derart viel weisses Haar auf der Barbierenrobe wie heute! Ich ergraue! Sogar die Frisörin hat es  bemerkt. Und die ist ja schliesslich eine Fachperson auf dem Gebiet hauptenen Haares. Obzwar ich mich noch zu jung fühle, um bereits Clooney’schen Grauhaarcharme in Anspruch nehmen zu können, wehre ich mich natürlich nicht dagegen. Graue Haare machen Männer schliesslich sexy, wogegen sie bei Frauen einfach alt machen. Ein Hoch aufs Mannentum!

Einzig die Sache mit dem siezen stört mich. Ich muss mir wohl mit einem vierten Müntschi meine Jugend wiederantrinken. Eeh – was soll ich auch sonst tun, wenn’s aus Kübeln schüttet? Eben: mitschütten.

Prost und gute Nacht!

Geschichten aus dem Bus

Ich stieg in den Bus, noch 9 Minuten bis Abfahrt, und setzte mich ganz hinten hin. Da stieg ein anderer ein, gewisse Leute würden ihn wohl einen Randständigen nennen, andere vielleicht Penner, ich aber sage: ganz im Gegenteil, das war einfach einer, der weiss, wie der Hase läuft, denn beim Einsteigen rief er seiner draussen wartenden Freundin lautstark zu: «I warte itz ämu sicher nid voruss, es isch huere Chaut, u dä dahie fahrt ja ersch i 8 Minute, u üse ersch i 10!»

Hesch rächt, dachte ich mir, und als er sich dann neben mich setzte und noch mal «Sicher früüreni mr nid da usse dr Arsch ab» vor sich hinbrummelte, sagte ich zu ihm: «Du hesch rächt!»«Gäu!?»«Ja eh! I miech das ömu o so.»«Ou, dasch guet! Wart, säg ere das grad säuber!»

Und schon gestikulierte er wie wild in Richtung seiner Freundin und bedeutete ihr fuchtelnd, mal näher zu kommen, obwohl ich abwehrte: «Nenei, isch scho guet, wott mi da nid iimische.»

Trotzdem liess er es sich nicht nehmen, seiner Freundin wenigstens noch ein «Uuuh, isch das schön warm hie inne!» durch die geschlossene Türe zu zurufen.

Er setzte sich wieder. «Was büglisch de du?» wollte er von mir wissen. «Informatiker», antwortete ich, und jetzt ging’s los: «Ah, de chani di öppis frage! I ha deheim e Computer, u da wetti itz sone Funkwäuenempfänger inschtalliere. Sone SRT-Empfänger.» Leider konnte ich ihm nicht weiterhelfen, wusste ich doch nichtmal, was ein SRT-Empfänger überhaupt ist.

«Okay. De chasch mr vilech säge, werum mis Handy nid geit, woni mr hüt kouft ha. Kennsch di us mit Handys?» Mein «Mässig bis soumässig» enttäuschte ihn schon zum zweiten Mal. Daraufhin wollte er wissen, was denn so mein Schwerpunkt sei, was ich wahrheitsgetreu mit «Programmiere» beantwortete.

«Hm, de machsch du so Programm für Prozässe, oder wie?»«Ender gäge weni. I programmiere eigentlech Website«, was ja nicht ganz unwahr ist.

«Aaah. Wi mues i de das mache, wenn i o e Website wott?» Super. Was für eine Frage. «Chunnt haut ganz drufa, was de genau wosch», versuchte ich meine Haut zu retten. «Eeh – dass me mi fingt, weme uf mini Adrässe klickt. So mit Föteli. U chli kreativ sy.»

Schon wollte ich mit erklären beginnen, dass es da fixfertige Software gebe, die man einfach auf dem Server installiere, und dann könne man Fotos hochladen und kreativ sein nach Lust und Laune, kam aber nicht mehr dazu. «Är fahrt ab!!!» schrie seine draussengebliebene Freundin und meinte mit är zweifelsfrei den Bus. Mein neuer Freund juckte auf und verliess mit einem «E schöne no» fluchtartig den Bus. Ich hörte ihn draussen noch sagen: «Uuuuuuh, das isch itz schön warm gsi dert inne!» und dann fuhren wir auch schon ab.

Aus dramaturgischen Gründen nicht wiedererzählt habe ich jetzt, was der Mann, als er noch zur Schule ging, einmal mit einem Trolleybus angestellt hat, als ihm dieser vor der Nase wegfuhr. Nicht nur aus dramaturgischen Gründen nicht, sondern auch, um nicht zur Nachahmung anzustiften. Schliesslich will ich nicht daran Schuld sein, wenn fortan allen zu früh abfahrenden Trolleybussen die Stromabnehmer an den Schnüren heruntergerissen werden, so dass der Chauffeur hocherzürnt dem Missetäter bis zum Rosengarten nachrennen muss.

Jäja, das sind Geschichten! Die machen müde! Darum:

Gute Nacht.

Fette Grooves, hohe Töne und tief geschachtelte Sätze

Jetzt weiss ich, was sein Geheimrezept ist: Zum Frühstück isst er Groove, beim Znüni gibt’s ein Stück Musikalität, am Mittag eine gehörige Portion Rhythmus und Taktgefühl, zum Zvieri ein Redli Inspiration, und am Abend gönnt er sich abwechslungsweise Genialität und Kreativität. Kein Wunder spielt er wie ein junger Gott, der Rico Baumann! Ich könnte mir gut vorstellen, dass er mit dem Hi-Hat unter dem Kopfkissen schläft. Oder sich des Nachts gemütlich in der Bass Drum einrollt. Jedenfalls ist er definitiv mit Drumsticks in den Händen zur Welt gekommen.

Was ich hingegen immer noch nicht ganz verstehe, ist, wie Dave Blaser, der Lead- und damit per Definition lauteste und höchste Trompeter der Band, das mit den hohen Tönen macht; gurgelt er vor dem Konzert prophylaktisch mit Vita-Merfen, damit seine Lippen, die bei den sieben- und achtgestrichenen Fissen und Gissen (f#»»»› oder g#»»»», immerhin!), die er mit traumwandlerischer Sicherheit und sagenhaften 500 dB in den Raum pustet, zwangsläufig in blutige Fetzen gerissen werden, wieder einigermassen zusammenheilen? Anders kann ich es mir jedenfalls nicht erklären.

Hast Du auch so Freude wie ich an dem dreifach geschachtelten Satz von vorhin? Ich sage: Gäbe es keine Jazzmusik und keine Big Band, die mich montagabends von grösserem Unsinn abhielte, ich verbrächte den grössten Teil meines Lebens mit der Konstruktion absurder Schachtelsätze! Das wäre ein Leben und Lesen!

Drum sei also dankbar, gibt’s das Swiss Jazz Orchestra. So kannst Du den Montagabend mit besserem verbringen, als der Lektüre meines Blogs. Halleluja.

Und gute Nacht.

Ach, was ich noch sagen wollte: Die neue CD, Sincerely Yours, Swiss Jazz Orchestra, die ist also echt der Hammer! Die geht zu beiden Ohren rein, und bleibt dann da, und dann bringt sie den ganzen Körper in Wallung und man kann nicht mehr still auf dem Tabourettli sitzen, sondern MUSS einfach rhythmisch zu wippen beginnen, bis dann später das Tanzbein mit einem durchgeht und man nur noch ekstatisch durchs Zimmer wirbelt! Ich nehme an, unsere Nachbarn hatten ein Mordsgaudi, als sie mir durchs Fenster beim Musikhören zusahen. Naja, hören konnten sie die Musik wahrscheinlich auch, sogar durch die doppelverglasten Fenster, bei der Lautstärke, auf die meine Stereoanlage eingestellt war …

Jedenfalls kann ich das silberne Doppelscheiblein jedem empfehlen! Und zwar zum Kauf!

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Weiswein

Glühwein kennt man ja, insbesondere zu dieser Jahreszeit, die von den kalten eine ist; der Glühwein bringt kalte Glieder auf Touren und Zungen zum Glühen, wenn er unmittelbar genossen.

Ebenso ein Begriff dürfte der Rotwein sein; gerne zu Mahlzeiten genossen, bisweilen aber auch ohne zusätzliche Mahlzeit ein Genuss, gehört er zu unserem Kulturgut wie der Rütlischwur und die Bettflasche.

Der Kenner weiss: Zum Apéro gönnt man sich ein Gläselein Weisswein; Yvorne, Epesses, Fendant, Johannisberg und Heida, wie sie alle heissen. Wer’s mag, dem ist’s Genuss.

Selbst den rosenroten Wein gibt es, beispielsweise den Rosé Gamay. Auch ihn trinkt mancher Zeitgenosse gerne, auch er hat somit seine Daseinsberechtigung.

Eines aber ist allen Weinen gemein, wenngleich in unterschiedlichem Ausmasse: der Alkohol. Und der gebildete Mitmensch weiss: Aukohou macht d Bire hou, zu Deutsch: «Übermässiger Alkoholkonsum kann ihr Denkvermögen beeinträchtigen». Jedoch! Fürchte dich nicht, denn die Rettung ist nah! Mit jenem Getränk, das vorzustellen ich Dir, Leser, Leserin, nun gedenke: Dem Weiswein:

Er macht dich weise, je mehr du dir von ihm einverleibst, zumindest macht das der Name glauben. Mit einem gehörigen Schluck Weiswein intus stellst du wohl sogar Gandalf, den Weisen in den Schatten. Drum trinke ihn nur recht oft, den Weiswein, auf dass du weise werdest!

Was lernen wir daraus? Folgendes:

Es kommt einer Sünde gleich, montagabends den Besuch der Monday Big Band Jazz Night im Huerebibeli zu verpassen, denn ohne sie erlebt man nichts und hat entsprechend wenig zu schreiben.

Gute Nacht!

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NINA? Nein, NINO!

Schliesslich heisst es ja auch der Zug und nicht die Zug. Und so ist es nur recht und billig, dass die Niederflur-Nahverkehrszüge, kurz: NINAs, der BLS auch einen männlichen Kollegen zur Seite gestellt bekommen. Und eine männliche Nina heisst dann eben NINO.

Dass es genau einen NINO gibt, war mir schon des Längeren bekannt. Stets halte ich Ausschau, wenn ich am Bahnhof bin, ob ich ihn erspähe, diesen Einzelgänger, dieses Unikat. Wie schön wäre es, welchen Seltenheitswert würde ich verspüren, könnte ich auch nur einmal einen einzigen Blick auf diesen magischen Zug werfen! Gar einmal darin zu fahren würde wohl ein ewiger Traum bleiben, die Chance, diesen einen Zug anzutreffen ist schon gering genug, und dass er dann gleich noch in die richtige Richtung führe, das grenzte dann schon an ein Wunder.

Doch nun fertig mit dem Konjunktiv! Er hat seine Schuldigkeit getan und macht nun Platz für den Indikativ, der wesentlich angebrachter ist in einer solchen Situation! Denn, siehe, lese, was mir widerfuhr!

Wir waren ganz gemütlich am Schwarzwasser, hatten dort, wo es sich mit der Sense vereint, ein Feuer entfuchen und bruten unsere Würste, tullen und liechen, wie das anständige Kleinkinder eben so zu tun pflegen, und frohen uns des Lebens und der Glut.

Alsbald war die Zeit gekommen, den Heimweg unter die Füsse zu nehmen, und so marschierten wir stracks durch die Dunkelheit des Waldes zurück zur Bahnstation, bestiegen den Zug und liessen uns gen Bern chauffieren.

F. W. und S. Y. aus B. verabschiedeten sich (beziehungsweise: schotten sich verab) bereits in Köniz, und ich möchte sagen, dies war ein grosses Glück. Nicht etwa, dass ich der Gesellschaft dieser Dam- und Herrschaften abgeneigt wäre, im Gegenteil. Jedoch erreichte mich Sekunden, nachdem der Zug wieder an Fahrt aufgenommen hatte, eine telefonische Benachrichtigung von F., welche ich natürlich nicht erhalten hätte, wäre F. nicht ausgestiegen. Ich befände mich dann im Fall im NINO, gäu!, tat F. mir Kund. «WAAAAS?! Nid wahr, ehrlech? Ugloublech!», entfuhr es mir in Höllenlautstärke mitten im Zug, so dass sich mehr als nur ein Augenpaar zu mir wendete und mehr als nur etliche Köpfe ein missbilligendes Schütteln vernehmen liessen (das klang übrigens ungefähr so: sch-sch-SCHH-SCHHHHH-SCHH-sch [was natürlich dem Geräusch von wehendem Haar entspricht {es hatte nämlich kaum Kahlgeschorene im Zuge, aber item}, aber item], aber item).

In Bern angekommen rannte ich sofort zur Lokomotive und gewahrte in der Tat den Schriftzug (Haha! Schriftzug! Lustig!) NINO, was mich mit unbändiger Freude und meine Kamera mit zwei Bildern füllte, die ich gerne mit dem Rest der Welt teile, denn so bin ich nun mal. Grosszügig und teilfreudig.

Siehe, staune:

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