Kulturschock

Immer wieder ein Kulturschock: In Zürich aus dem Zug zu steigen und sich Richtung Stadt aufzumachen. Meistens dauert’s keine 3 Sekunden, da erwischt einen bereits der erste Schwall Züritüütsch. «Mir müend da dure», «Was häsch gsäit?» oder «Gömmer Starbucks?» trifft’s mich dann jeweils völlig unvorbereitet, und ich werde mir dann erst bewusst, in welch fremder Sprachregion ich da gelandet bin.

Nur gut, dass zumindest morgen ein wenig Sittsamkeit ins sprachliche Niemandsland gebracht wird: Und zwar mit King Pepes Konzert im Moods. Ich werde es zwar verpassen, dafür kann sich an meiner Statt ein Zürcher einen schönen Dialekt anhören. Und das ist gut so.

Mich überkommt die nackte Wut!

WAAAAAAAH!!!

Ich werde nicht alt. Wahrscheinlich sterbe ich mit 25 an einem stressbedingten Magengeschwür. Ups, zu spät. Aber egal! So kann ich mich zumindest weiter aufregen! Über all die dümmlichen Menschen, die gedankenlos wie Zombies durch die Welt wanken und mir zur Last fallen! So wie vorhin.

Und das kam so:

Bei den Postomaten in der Bahnhofhalle ist jetzt neu (oder nicht? Jedenfalls neu für mich) ein blaues Absperrband quer von Links nach Rechts vor den Automaten aufgespannt. Schön, dachte ich, so wird das Geldabheben nun endlich in geregelte Bahnen geleitet! und gesellte mich links hinter den bereits wartenden blaujackigen jungen Herrn.

Die beiden geldbeziehenden Damen an den zwei Automaten schienen grenzenlos überfordert zu sein, denn sie drückten derart lange anscheinend planlos auf den Tasten herum, dass derweil sich am rechten Ende des blauen Wartebandes zwei weitere Personen zu uns Wartenden gesellen konnten. Da schwoll mir innerlich bereits die Cholerikarterie! Es war doch schliesslich offensichlich, dass sich am anderen Ende des Bandes bereits eine Schlange aus zwei Personen – dem Blaujackigen und mir – gebildet hatte! Wieso standen diese dödeligen Dämlacke nun ans andere, ans verkehrte Ende? Diese Tublen!

Eine kleine Genugtuung blieb mir: Der Blaujackige vor mir würde sein Recht auf Zuvorkommnis bestimmt wahrnehmen und sich beim nächsten freiwerdenden Postomaten zu Schaffen machen – so dachte ich. Aber dann geschah es: Die Dame rechts beendete ihr desolates Tun, entfernte sich vom Postomaten – und mein blaujackiger Vollpfosten blieb stehen, so dass der mühsame Füretrücki von Rechts sich mir-nichts-dir-nichts anschickte, seinerseits Geld abzuheben.

Ich habe mich ufgrrrrrrrrrregt, das kannst du dir gar nicht vorstellen! Meine schläfenseitige Zornesader pochte und pulsierte mit diesem Lautsprecher um die Wette und am liebsten hätte ich meinem Vordermann so richtig ins Schienbein gestüpft, aber so richtig! Zu seinem Glück war der Winkel – ehja, von hinten! – dermassen ungünstig, dass ich mich dazu nicht in der Lage sah, und sowieso war jetzt auch die Dame links fertig und er entwich meinem Aktionsradius gerade noch rechtzeitig in Richtung Postomat, so dass er ungeschoren davon kam. Üüüh, wenn der wüsste, wie knapp er heute Mittag an einem mittleren Erdbeben vorbeigeschrammt ist!

Endlich kam ich dann auch noch an die Reihe, und zwar am rechten Automaten, und so hatte ich wenigstens das schöne Gefühl, dem ebenfalls rechts anstehenden Meitschi den Platz vor der Nase wegschnappen zu können.

Unglaublich, dass die Menschheit auch nach fünf Jahren noch immer nichts dazugelernt hat. Es wird wirklich höchste Zeit, Sidis Vorschlag in die Tat umzusetzen.

Fünfzig Franken erspielt

Ai, das wird wieder mal ein teures Konzert!

Dave Blaser hatte die musikalische Gestaltung dieser Groove-Night unter sich, und ich muss schon sagen: Entweder hat er einfach einen sagenhaften Geschmack, oder er entsann sich eines alten Versprechens meinerseits und wollte der Vereinskasse etwas Gutes tun, denn: Als eines der letzten Stücke spielten die gewieften SJO-Groover tatsächlich «Give It Up» von Randy Brecker und erspielten sich auf diese Weise meine versprochenen fünfzig Franken. Ein genialer Schachzug.

Die Ansagen bestritt Adi Pflugshaupt. Dies tat er aber nicht freiwillig, wie er nicht müde wurde, zu betonen. Till Grünewald, der Stammansager der Band, habe mittlerweile einfach zu viele Kinder, als dass er noch jeden Montag mitspielen könnte. Aber er, Adi, gebe sich nun redlich Mühe, seine Vertretung so schlecht wie möglich wahrzunehmen, verkündete er, damit er es in Zukunft nie mehr tun müsse. Zugegeben: Bei Till mögen die Worte ein wenig geschliffener durchs Mikrophon flutschen. Aber auch der Adi hatte völlig zu recht nicht wenige Lacher auf seiner Seite. Wie er versuchte, die Querflöte zusammenzubauen und gleichzeitig dem Mikrophon Herr zu werden, das glich einer bühnenreifen Dimitri-Aufführung, und ich freue mich jedesmal, wenn Adi die Grünewald’sche Ansagevertretung übernimmt.

Ich sehe mich nach dem gestrigen Besuch der Groove-Night des Swiss Jazz Orchestra jedenfalls in meiner Meinung vollkommen bestätigt, dass sich ein Besuch immer lohnt. Egal, wer die Ansage macht. Schliesslich spielen die Mannen unabhängig davon einfach genial. Weiter so! Ich freue mich auf die nächsten Konzerte!